Kritik an Bewerbungsverfahren bei der Art Basel
«Ganzkörperfotos gehen gar nicht»

Nebenjob bei der Art Basel? Dafür braucht es bislang auch ein Ganzkörperfoto. Das soll sich ändern.
Publiziert: 12.06.2023 um 09:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2023 um 20:57 Uhr
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Die Künstlerin Ursina Roesch kritisiert: Bislang mussten Studierende Ganzkörperfotos einreichen.
Foto: Zvg
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Die Zürcher Künstlerin Ursina Roesch (63) wirft der internationalen Kunstmesse Art Basel ein problematisches Verhalten gegenüber potenziellen Mitarbeitenden vor. «Ganzkörperfotos bei Bewerbungen gehen gar nicht», so die Mitgründerin des feministischen Kunstvereins Fatart zum SonntagsBlick.

«Veraltetes Bewerbungsverfahren»

Studierende der Kunstgeschichte, die für die Aufsicht bei Art Basel gesucht werden, mussten sich bislang mit drei Fotos bewerben: einem Passbild, einer «Ganzkörperansicht» und einem Foto, das die Persönlichkeit zum Ausdruck bringen soll.

Art Basel betont gegenüber SonntagsBlick, die Bewerbenden würden «ausschliesslich auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Aufgabe ausgewählt». Das Verfahren sei vor vielen Jahren auf Grundlage «der damals üblichen Standards» eingeführt worden. Die Kunstmesse kündigt an, das Prozedere zu überprüfen.

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2017 erreichte die MeToo-Debatte den Kunstmarkt

Art Basel betont, man dulde «keinerlei Form der Belästigung». Wer sich danebenbenehme, dem drohe ein Hausverbot. Es gebe eine Ombudsperson, die sich um Vorfälle während der Messe kümmere. «Die Ombudsperson ist ein externer Experte, der Hilfesuchende über ihre Rechte und mögliche nächste Schritte berät und der Messeleitung Bericht erstattet.»

Aus welchem Grund die Berliner König Galerie dieses Jahr nicht an der Art Basel teilnimmt, will das Unternehmen nicht verraten. Stargalerist Johann König steht wegen Anschuldigungen im Zusammenhang mit dem MeToo-Komplex seit Monaten in der Kritik, er bestreitet die Vorwürfe.

2017 hat die MeToo-Debatte den Kunstmarkt erreicht. Damals musste der US-Amerikaner Knight Landesman die Kunstzeitschrift «Artforum» nach massiven Vorwürfen verlassen. Im Internet verbreitete sich der offene Brief «Wir sind nicht überrascht», der Machtmissbrauch in der Branche anprangerte.

Die französische Regisseurin Aurélia Rouvier hat darüber den Dokumentarfilm «Not Surprised» gedreht. Darin kommt auch die italienische Galeristin Chiara Repetto zu Wort: «Ich bin an Kunstmessen von Kunden belästigt worden. Sie kamen herein und küssten meinen Hals. Ich habe nichts gesagt, weil es Kunden waren. Aber einer nach dem anderen hat mein Bild als Geschäftsfrau untergraben.»

Das Machtgefälle machte sich bereits bei den Assistenten bemerkbar

Gegenüber SonntagsBlick spricht Ursina Roesch erstmals über persönliche Erfahrungen mit einschlägigen Erlebnissen in der Schweiz. «Unmoralische Angebote gab es für mich als junge Frau ständig. In den 1980er- und 1990er-Jahren galt es als normal, dass Galeristen zu Frauen sagen: Geh mit mir ins Bett, dann kommt alles gut. Grapschen, an den Hintern fassen, ungefragt einen Kuss auf den Mund geben – all das war für einige Männer normal, obwohl wir Frauen das nicht wollten. Mir ist das alles selbst passiert. Nicht nur in Frankreich, sondern auch in der Schweiz.»

Das Machtgefälle habe sich bereits bei Assistenten von Galerien bemerkbar gemacht. «Die wollten erst Spass haben, bevor sie einen zum Chef liessen.» Für Frauen habe es weder Aufklärung gegeben noch Beschwerdestellen oder den Austausch mit Gleichgesinnten. «Das Thema war einfach ein Tabu. Dabei merkte man auf Vernissagen schnell, ob man als Künstlerin ernst genommen – oder einfach zur Fleischbeschau eingeladen wird.»

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