Jacqueline Badran zeigte Grösse: Sie entschuldigte sich. «Offenbar habe ich gestern einen sehr dummen Tweet gemacht», schrieb sie am Freitag auf Twitter. Zuvor hatte die Zürcher SP-Nationalrätin einer «NZZ»-Journalistin öffentlich den Gang zum Psychiater empfohlen, um ihren «Komplex behandeln zu lassen». Anlass war, dass sich die Angegriffene in einem Kommentar für die soeben eingereichte Halbierungs-Initiative ausgesprochen hatte, mit der die Serafe-Gebühr von 335 auf 200 Franken pro Jahr abnehmen soll: «Weniger Geld würde der SRG guttun.»
Mittlerweile gilt als Faustregel, vor allem in Wahljahren: Geht es um den Service public, brennen viele Sicherungen durch. Die Fronten sind verhärtet. Wer Leutschenbach auch nur leise kritisiert, wird von Freunden der SRG geächtet wie der Dieb eines Opferstocks – während die Gegenseite die Herunterbeschwörung der SRG zum schlimmsten Übel zelebriert. Mit teils sonderlichen Auswüchsen: Gestern Samstag griff ein erzürnter SVP-Nationalrat Christian Imark gegen den Rundfunk in die Tasten. Was ihn empörte: Er war beim Joggen in den Regen geraten. «Man sollte insbesondere dem SRF Meteo die TV-Gelder kürzen, wegen der ständigen Fehlprognosen», textete er zu einem Selfie im nassen Leibchen. Steckt die SRG auch hinter Gargamel, der Pizza Hawaii und dem Tod von Kennedy?
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Dass sich der oberste Wetterfrosch Thomas Bucheli gerade für zu hohe Temperaturprognosen entschuldigen musste, kommt für Imark und seine Mitstreiter natürlich wie ein Himmelsgeschenk.
Dennoch ist das politische Sommertheater Grund zur Freude – dank SRG-Initiative wird so gründlich über einen öffentlichen Ausgabenposten debattiert wie in kaum einem anderen Bereich. Keine Steuermilliarde wird so direktdemokratisch auseinandergenommen wie die Serafe-Abgabe.
Weitere Halbierungs-Initiativen wären vonnöten: über die wachsenden Staatsausgaben für Kommunikation zum Beispiel, über die adipöse Bundesverwaltung generell, über die Unterstützung der Landwirtschaft, über die Kulturförderung, über Forschungsschwerpunkte, über Militärinvestitionen oder – womit wir wieder beim Psychiater wären – über Gesundheitspolitik.