Zoodirektor Severin Dressen über den Naturschutz
700 Millionen – der Einfluss von Zoos ist gross

Pro Jahr besuchen 700 Millionen Menschen weltweit einen Zoo. Severin Dressen erklärt, wie Zoos ihren Beitrag zum Naturschutz leisten und wieso Menschen, die Zoos besuchen, mehr über Natur- und Artenschutz wissen.
Publiziert: 22.05.2024 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 18.05.2024 um 14:53 Uhr
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Viele Tierarten sind durch den Lebensraumverlust vom Aussterben bedroht – ein Beispiel dafür der Orang-Utan in Sumatra.
Foto: Zoo Zürich, Claudia Rudolf von Rohr
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Anfang der Woche haben wir den Jahresbericht des Zoos und damit auch die Gästezahlen vom vergangenen Jahr veröffentlicht. 1,26 Millionen Menschen haben den Zoo Zürich im Jahr 2023 besucht. Das heisst auch, 1,26 Millionen Mal die Möglichkeit, auf das Thema Natur- und Artenschutz aufmerksam zu machen und Menschen in ihrem Handeln und Bewusstsein für die Natur zu beeinflussen. Eine riesige Chance, die es unbedingt zu nutzen gilt! Durchschnittlich 150 Arten verschwinden täglich von unserem Planeten! Und jeder Verlust ist einer zu viel. 

Doch können Zoos hier wirklich etwas bewegen? Ja, können sie. Das zeigt eine Studie der Universität Sheffield, die ebenfalls diese Woche veröffentlicht wurde. Die Forschenden haben dazu Daten aus 38 Zoos und Aquarien weltweit analysiert.

Das Ergebnis: Nach einem Zoobesuch wissen Menschen mehr darüber, was Natur- und Artenschutz eigentlich bedeutet, sie sind diesem gegenüber deutlich positiver eingestellt und auch eher dazu bereit, selbst aktiv zu werden. Beispielsweise, indem sie beim nächsten Supermarkteinkauf darauf achten, ob ein Produkt Palmöl enthält oder nicht. Generell würden Menschen nach einem Zoobesuch mehr darauf achten, sich nachhaltig zu verhalten, so die Forschenden. 

Auch im Zoo Zürich machen wir mit einer Ausstellung im Menschenaffenhaus darauf aufmerksam, wie sich die Gier nach billigem Palmöl auf das Leben der Orang-Utans auf Sumatra auswirkt. Für diese ist die Abholzung des Regenwalds für riesige Palmöl-Plantagen die grösste Bedrohung. Stück für Stück verlieren sie ihren Lebensraum und damit die Grundlage ihrer Existenz. Ohne Regenwald wird es irgendwann auch keine Orang-Utans mehr geben.

Lebensraumverlust ist aber nicht nur im fernen Asien ein Problem, auch unsere heimische Artenvielfalt leidet darunter. Besonders schlecht steht es dabei um die Insekten. Zwischen 50 und 75 Prozent hat deren Biomasse in den vergangenen 30 Jahren abgenommen. Das ist immens.

Mit viel Liebe und Hingabe pflegt unser Freiwilligenteam daher unseren Wildbienengarten neben der Australienanlage. Und im neuen Lebensraum Panterra werden neben Raubkatzen künftig auch Insekten im Fokus stehen. Während im ehemaligen Löwenhaus exotische Insekten ein neues Zuhause finden, wird es vor dem neuen Insektenhaus einen weiteren Insektengarten für einheimische Wirbellose geben.

Kleiner Aufwand, grosser Ertrag lautet hier das Motto. Denn jeder Garten und jeder Balkon lassen sich mit wenig Aufwand insektenfreundlich gestalten. Allein schon das Pflanzen einheimischer Gewächse sowie von Blühpflanzen mit offenen statt gefüllten Blüten macht einen Unterschied. 

Moderne Zoos sind heute mehr als Orte, an denen Tiere bestaunt werden können. Sie sind Naturschutzzentren, und als solche müssen sie agieren. Das gilt nicht nur für den Zoo Zürich. Weltweit besuchen etwa 700 Millionen Menschen jedes Jahr einen Zoo. 700 Millionen Mal die Möglichkeit, aufzuklären, zu sensibilisieren und den Natur- und Artenschutz voranzutreiben.

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