Die nächste Generation kann es der vorherigen Generation fast nie recht machen. Immer fällt der Vergleich für die Jungen schlecht aus. Auch an der Generation Z wird selten ein gutes Haar gelassen: «Ohne Smartphone nicht lebensfähig, ungeduldig, fordernd» sind nur einige Beschreibungen, die sich im Internet finden. Gerade Letzteres muss ja nicht nur negativ sein.
Der Zoo erhält fast täglich Fragen aus der Bevölkerung, die wir nach bestem Wissen und Gewissen beantworten. Doch vor einiger Zeit erhielt ich einen Brief, in dem Schülerinnen und Schüler einer Aargauer Kantonsschule diverse Fragen zusammengetragen hatten, die ihnen nach ihrem Zoobesuch bei uns unbeantwortet geblieben waren.
Diese Fragen gingen ein Stück weiter als die Standardfragen. Sie zeigten, dass sich die Klasse intensiv mit ethischen Fragen der Tierhaltung auseinandergesetzt hatte und jetzt – ganz dem fordernden Charakterzug entsprechend – weitere Erklärungen verlangte.
Mein Interesse war geweckt, und so luden wir die Klasse am letzten Sonntag in den Zoo ein. Es waren eindrückliche, inspirierende und Mut machende Stunden, die wir miteinander verbringen durften.
Zuerst einmal überraschte mich, dass trotz wunderschönem Wetter und anstehender Prüfungsphase die Klasse fast vollzählig erschien. Zum anderen war die Klasse mit Feuer dabei, hatte unzählige Fragen, hakte nach und forderte mich heraus. Es war toll zu spüren, was für ein Interesse das Thema Tierhaltung und Arten- und Naturschutz bei ihnen auslöste.
Ein Thema, das auch die Kantischülerinnen und -schüler umtrieb, war das Thema «Freiheit». Fühlen sich Tiere im Zoo nicht eingesperrt? Tatsächlich ist die Frage zweigeteilt: 1. Sind Tiere im Zoo eingesperrt? 2. Fühlen sie das?
Die Antwort auf Frage 1 ist relativ klar: Ja, Tiere haben in Zoos einen endlichen Raum zur Verfügung. So aber auch häufig in der Natur. An der Reviergrenze ist für den Tiger Ende, denn auf der anderen Seite lauert ein Rivale. Die eigene Gruppe kann ein Affe selbst in Todesangst nicht verlassen, denn allein hat er keine Chance. Und eine Maus bewegt sich nicht frei auf der Wiese, sondern huscht von Schutzort zu Schutzort – alles andere wäre ziemlich sicher tödlich.
Aber selbst dann, wenn Tiere diesen endlichen Raum erkennen, stört sie das?
Nach unserem heutigen, wissenschaftlichen Verständnis von Tieren haben diese Bedürfnisse, die sich in fünf Kategorien, z. B. Gesundheit oder Ernährung, einteilen lassen und die Zoos erfüllen müssen. Das ist manchmal extrem schwierig. Der Drang nach Freiheit, wie wir Menschen ihn haben, gehört nicht dazu.
Unsere Pfauen sind ein gutes Beispiel. Hätten sie den menschlichen Freiheitsdrang, wären sie schon lange aus dem Zoo abgewandert. Da aber alle ihre Bedürfnisse, beispielsweise Futter, Schlaf- und Sandplatz, andere Pfauen, bei uns gestillt werden, haben sie keine Motivation abzuwandern.
Selbst innerhalb des Zoos nutzen sie nur einen kleinen Bereich. In 30 Jahren ist noch nie ein Pfau in den unteren Teil des Zoos gewandert. «Ungeduldig und fordernd» können aber auch Pfauen werden, wenn ihnen der Zugang zu unseren Züri Frites verwehrt wird. Darin sind sich freiheitsliebende Menschen und freiheitsignorierende Pfauen für einmal einig.