Zoodirektor Severin Dressen über den illegalen Tierhandel
Teil der Lösung sein

Der illegale Tierhandel ist einer der grössten illegalen Wirtschaftszweige der Welt. Oft werden exotische Tiere für die Heimtierhaltung geschmuggelt. Severin Dressen vom Zoo Zürich erklärt, wie der Mensch Teil der Lösung sein kann, obwohl er Teil des Problems ist.
Publiziert: 05.05.2024 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2024 um 16:46 Uhr
Jööö! Goldgelbe Löwenäffchen wurden so zahlreich für den illegalen Heimtiermarkt gefangen, dass die Art kurz vor der Ausrottung stand.
Foto: Albert Schmidmeister
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Vor zwei Wochen habe ich berichtet, dass der Handel mit tierischen Produkten – wie Nashorn oder Elfenbein – eine Bedrohung für viele Arten darstellt. Und nicht nur irgendeine: Der illegale Tierhandel gehört zusammen mit Drogenhandel, Menschenhandel, Fälschungen und Waffenhandel zu den grössten illegalen Wirtschaftszweigen der Welt.

Neben tierischen Produkten werden leider auch lebende Tiere geschmuggelt, oftmals für die Heimtierhaltung exotischer Tiere. Je bunter, schillernder, aussergewöhnlicher oder seltener das Tier, desto interessanter ist es für gewisse Menschen – mit verheerenden Folgen für die Art. 

Während der illegale Handel mit tierischen Produkten in der Schweiz eine untergeordnete Rolle spielt, ist der Schmuggel lebender Tiere auch bei uns ein Thema. So gehen den Grenzwächtern immer wieder geschmuggelte Haustiere ins Netz, besonders Hundewelpen. 

Aber nicht nur «klassische» Haustiere werden geschmuggelt. Oft handelt es sich auch um bedrohte exotische Vögel, Reptilien oder Amphibien, die über die Grenze gebracht werden. Zum Glück gelingt es dem Grenzschutz und den Veterinärbehörden immer wieder, solchen Menschen das Handwerk zu legen. Zoos, wie auch wir im Zoo Zürich, bieten dann Hand, um den häufig geschwächten oder sogar verletzten Tieren zumindest so lange eine Heimat zu geben, bis die Behörden einen Platz für sie gefunden haben.

Der illegale Tierhandel kann fatale Folgen für die Arten haben. So zum Beispiel für den Graupapagei, der aufgrund seiner Sprachbegabung ein beliebtes Haustier war und leider immer noch ist. Einige von Ihnen erinnern sich vielleicht noch daran, dass auch in der Schweiz vor einigen Jahrzehnten Graupapageien in vielen Wohnzimmern zu finden waren. Da es einfacher (und kostengünstiger) war, den Vogel einzufangen, anstatt zu züchten, wurden die zentralafrikanischen Bestände gnadenlos dezimiert. Das Ergebnis: bis zu 80 Prozent Populationsrückgang innerhalb von 40 Jahren und eine als stark bedroht klassifizierte Art.

Manchmal ist der Mensch aber nicht nur Teil des Problems, sondern auch fähig, Teil der Lösung zu sein. Die brasilianischen Goldgelben Löwenäffchen wurden nicht nur durch Raubbau um ihren Lebensraum gebracht, sondern wegen ihrer namensgebenden Färbung, verbunden mit grossem Jöö-Potenzial, auch so stark für den illegalen Heimtiermarkt gefangen, dass die Art kurz vor der Ausrottung stand.

Anfang der 1970er-Jahre lebten in westlichen Zoos rund 100 Tiere – mehr, als damals noch in der Natur vorhanden waren. Mit diesen Tieren wurde ein Zuchtprogramm etabliert und ab den 1980er-Jahren mit der Wiederansiedlung der ersten Tiere in einem neu geschaffenen Naturschutzgebiet begonnen. Über 200 Löwenäffchen wurden in den Folgejahren aus Zoos wieder ausgewildert, auch von den Kollegen im Basler Zolli. Die Population erholte sich und ist auf aktuell rund 1400 Affen angewachsen.

Auch wenn die Gefahr noch nicht gebannt ist: Die Geschichte des Goldgelben Löwenäffchens macht Mut, dass eine Trendumkehr möglich ist.

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