Zoo-Direktor Dressen zum bunten Treiben
Was macht der Frühling mit dem Tierreich?

Nun geht es im Tierreich ums Balzen und um die Brut: Die einen Tiere machen sich für die Paarung zuerst noch schön, andere legen direkt los. Severin Dressen, Direktor des Zoos Zürich, über buntes Treiben im Frühling.
Publiziert: 01.04.2024 um 00:49 Uhr
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Während des Winterschlafs liegt die Körpertemperatur von Igeln bei etwa 5 °C. Nach dem Aufwachen im Frühling steigt sie auf 36 °C an.
Foto: IMAGO/Pond5 Images

«Zahlreiche Tiere fahren in der kalten Jahreszeit ihren Stoffwechsel herunter und im Frühling dann wieder hoch. Beispielsweise halten Igel einen Winterschlaf. Dabei reduzieren sie ihre Körpertemperatur auf etwa 5 °C und die Atemfrequenz auf drei bis vier Atemzüge pro Minute. Wird es wieder warm, erwacht der Igel, die Körpertemperatur steigt auf 36 °C, und der Atem pendelt sich bei 40 bis 50 Atemzügen pro Minute ein.

Erdkröten lassen sich im Winter quasi einfrieren. Sie erstarren, ihr Herzschlag fällt rapide ab, sie atmen kaum noch. Eine Art Frostschutzmittel im Körper sorgt dafür, dass Flüssigkeiten – wie das Blut – nicht einfrieren. Wird es wärmer, tauen sie wieder auf und begeben sich direkt auf Wanderschaft zu ihren Laichgewässern.

Insekten, die überwintern, und Spinnen kommen aus allen Ritzen und Löchern hervorgekrochen. Ziel ist bei allen primär die Fortpflanzung.

Um Balz und Brut dreht sich auch alles bei den Pinguinen bei uns im Zoo. Die Königspinguine und die Humboldtpinguine tauschen meist im März die Anlage: Die einen ziehen nach drinnen, die anderen nach draussen um. Die Humboldtpinguine als ursprüngliche Südamerika-Bewohner kommen mit warmen Temperaturen gut zurecht.

Sie leben monogam und legen mit dem Paaren los, sobald sie auf der Aussenanlage sind. Die Königspinguine auf der auf 6 °C temperierten Innenanlage durchlaufen erst eine Mauser – sie tauschen also ihr Federkleid aus – und machen sich schick für die Partnerwahl. Sie leben nämlich nicht monogam.

Die besten Frühlingsboten im Zoo sind die Weissstörche. Sobald es wärmer wird, herrscht im Luftraum über dem Zoo reger Flugverkehr, und es wird geklappert, was das Zeug hält. Auch Graureiher und andere Vögel sind permanent unterwegs und sammeln Nistmaterial. Ich bin immer wieder erstaunt, was für riesige Zweige und Äste manch ein Storch durch die Gegend transportiert.

Die Natur hat es so einprogrammiert, dass im Frühling die meisten Jungtiere zu erwarten sind. Denn wird es wärmer und ist das Nahrungsangebot gross, sind die Überlebenschancen für Jungtiere deutlich höher.

In unserem Zoo hatten wir in den vergangenen Wochen Geburten bei den Afrikanischen Zwergziegen, den Arabischen Oryx-Antilopen oder den Säbelantilopen. Beide Antilopen-Arten sind gefährdet, entsprechend bedeutsam ist jedes Jungtier für den Arterhalt.

Bei den Netzgiraffen sorgt der Frühling noch für ein anderes Phänomen. Sobald die Pflanzen spriessen, werden unsere Giraffen zu einer Art Supersensor für junge Triebe und Blätter. Sie suchen dann fast schon generalstabsmässig die Aussenanlage ab. Für sie ist das frische Grün ein unwiderstehlicher Leckerbissen. Unsere Gärtner freut es entsprechend weniger.»

Aufgezeichnet von Karen Schärer

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