Wenn jetzt im Botanischen Garten in Bern die Kirschblüten und Magnolien blühen, ist für den Botaniker Adrian Möhl (53) die schönste Jahreszeit. «Es ist das Erwachen nach dem langen Winterschlaf», sagt er. Auf die Blütezeit im Frühling bereiten sich die Pflanzen bereits im Herbst vor.
«Bereits im Herbst bilden Pflanzen ihre ersten Keimlinge», erklärt Möhl, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Botanischen Gartens Bern und von Infoflora Schweiz. «Für die Pflanzen beginnt der Frühling also eigentlich schon viel früher.» Was die Pflanzen vom Frühling spüren, sind Licht und Wärme. Das ist mit ein Grund, warum manche Pflanze schon zu früh blüht, so wie jetzt nach dem milden Winter. «Die Knospen der Magnolien haben sich bereits im Februar geöffnet. So früh wie noch nie», sagt Möhl.
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Sinnvolles Anpflanzen
Wer mehrjährige Pflanzen wie Osterglocken in seinem Garten oder auf dem Balkon hat, kann sich darüber freuen, dass diese bereits wieder blühen. «In ihrer Zwiebel speichert die Pflanze ihre Energie und ist sowohl vor Kälte als auch Trockenheit geschützt», so Möhl. Und jetzt ist die beste Zeit zum Säen und Auspflanzen. «Damit kann man auch etwas Sinnvolles für die heimische Biodiversität tun», so Möhl. Zu seinen Lieblingen gehört der Wilde Dost, besser bekannt als Oregano. «Wer ihn jetzt auf den Balkon pflanzt, dem blüht er den ganzen Sommer wunderschön rosa und versorgt Bienen und Schmetterlinge mit wertvollem Nektar. Denn ohne Nahrung überleben sie nicht.» Neu gibt Infoflora mit einer Grünen Liste eine Empfehlung für passendes Saat- und Pflanzgut nach Region heraus.
Pflanzen haben feine Wahrnehmung
Aber können Pflanzen den Frühling spüren, so wie wir Menschen es tun? Sie haben zwar kein Nervensystem oder Bewusstsein, aber laut Kirsten Bomblies (50) dennoch eine feine Wahrnehmung. «Sie reagieren auf die Tageslänge und Temperatur. Dadurch werden Proteine aktiv, und Zellen verändern sich, um das Blühen und das Wachstum zu treiben», erklärt die Professorin für Evolutionsgenetik von der ETH Zürich. Wenn ein Baum oder Busch blüht, braucht er mehr Energie – diese kommt von der Fotosynthese, also von der Sonne. «Farbige Blüten und neue Äste zu bilden, dafür braucht eine Pflanze Kraft. Sie ist in dem Sinn im Frühling aktiver.»
Laut der Professorin nehmen Pflanzen ihr Umfeld auch über Vibrationen wahr: «Darum reagieren sie beispielsweise auf Musik.» Und sie haben feine Kanäle auf ihren Blättern. «Damit spüren sie physischen Druck oder auch Stress, also zu wenig Licht oder Kälte. Zwar können Pflanzen nicht davonlaufen, aber sie reagieren, indem sie ihr Wachstum ändern.» Den Frühling verspüren dank der Pflanzen vor allem auch wir Menschen: Sei es, weil uns ihre Duftmoleküle direkt in den Kopf steigen oder die Pollen in die Nase.
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