Fühlen Sie sich eher müde? Oder würden Sie am liebsten die blühenden Bäume umarmen? Der Frühling kann die Stimmung ins Wanken bringen. Das hat laut dem Chronobiologen Christian Cajochen (59) mit mehr Licht und zwei bestimmten Hormonen zu tun: «Serotonin und Dopamin beeinflussen unsere Motivation und Stimmung und verändern sich saisonal.»
Das lässt sich aufgrund verschiedener Studien nachweisen. «Man hat den Serotoninspiegel im Winter und Sommer gemessen, je mehr Licht, desto mehr Serotonin, das auch unsere Stimmung beeinflusst», so Cajochen. Wenn sich das Serotonin im Frühling mit mehr Licht erhöht, sorgt das für gute Stimmung und motiviert uns. «Mit der Sonne und längeren Tagen bewegen wir uns mehr draussen, sei es bei einem Spaziergang am See oder beim Joggen im Wald. Dafür werden wir auch mit Dopamin belohnt», erklärt Cajochen. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff zwischen den Nervenzellen und sorgt für Motivation und Antrieb.
Zwischen Frühlingsputz und Müdigkeit
Warum aber beklagen sich dann so viele über Frühjahrsmüdigkeit? «Dafür gibt es tatsächlich keine wissenschaftliche Erklärung», sagt der Leiter des Zentrums für Chronobiologie an den Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel. Aber sie existiert: 30 bis 40 Prozent der Menschen kennen das Gefühl von Müdigkeit um diese Jahreszeit. Womöglich lässt sich das eher psychologisch erklären: «Man stellt zu hohe Erwartungen an sich und übernimmt sich vielleicht dabei. Frühmorgens joggen und abends ausgehen plus Frühlingsputz und der übliche Alltag – das kann auch zu viel werden.»
Wichtiger Faktor für unseren biologischen Rhythmus ist die innere Uhr: «Wir haben eine 24-Stunden-Uhr, die ist gut erforscht und wirkt sich auf die Stimmung aus», sagt Cajochen. Weniger wisse man über unsere saisonale Uhr. Wichtig ist diese bei vielen Tieren für die Fortpflanzung. «Bei uns Menschen verändern sich die Sexualhormone jedoch nicht relevant mit den Jahreszeiten», sagt Cajochen. Vielmehr schwanken diese im Lauf des Tages. So ist das Testosteron bei Männern vormittags erhöht, Frauen durchlaufen zudem einen monatlichen Zyklus.
Zeitumstellung führt zu Jetlag
Wie sehr uns das Tageslicht beeinflusst, bekommen wir am Osterwochenende zu spüren. Wenn die Uhren um eine Stunde nach vorne gedreht werden, reagieren viele Menschen empfindlich. «Eine Stunde früher aufstehen kann eine Art Minijetlag auslösen», sagt der Chronobiologe. Das hat mit einem Fehlabgleich der inneren Uhr mit dem äusseren Licht-Dunkel-Wechsel zu tun und kann sich negativ auf die Stimmung, die Müdigkeit und den Schlaf auswirken. Das sollte sich jedoch nach einer Woche wieder einpendeln. Cajochen empfiehlt, eine halbe Stunde früher ins Bett und morgens beim Aufstehen ans Licht zu gehen: «Das macht munter.»