Wirtschafts-Briefing von Nicola Imfeld: Turbulenzen an den Märkten
Was an diesem Krypto-Crash anders ist

Kryptowährungen sind diese Woche abgestürzt. Wieder einmal. Doch dieser Crash ist anders und bereitet mehr Sorgen, schreibt Blick-Wirtschaftsredaktor Nicola Imfeld.
Publiziert: 14.05.2022 um 10:33 Uhr
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Nicola Imfeld, Wirtschaftsredaktor der Blick-Gruppe
Foto: Thomas Meier
Nicola Imfeld

Wenn ich auf meine Portfolios schaue, dann wird mir nach dieser Woche schwindlig. Ich bin zwar farbenblind, aber leider habe ich keine Rot-Grün-Schwäche. Also muss ich den bitteren Tatsachen ins Auge sehen: Bei meinen Aktien ist schon längst alles nur noch rot. Und jetzt hat es auch noch mein Portfolio von Kryptowährungen erwischt.

Seit Anfang 2017 bin ich bei den Digitalwährungen dabei. Das ist relativ früh im Vergleich zur grossen Masse. Damals konnte ich noch Kryptos wie Ethereum für 8 Euro kaufen. Ende 2021 war ein Ether dann schon mehr als 3200 Euro wert. Zusammen mit weiteren kleinen Investitionen hätte ich es locker zum Millionär geschafft – hätte ich nicht brav die Gewinne mitgenommen und verkauft. Konjunktiv.

Nun sehe ich heute rot. Über Nacht hat der Branchenprimus Bitcoin von Mittwoch auf Donnerstag 20 Prozent verloren. Andere Kryptowährungen schossen noch mehr ins Bodenlose. Viele der in den letzten Jahren entstandenen Projekte dürften die Marktbereinigung nicht überleben. Das war zwar zu erwarten, aber wie immer sind die Anleger dann trotzdem überrascht.

Was an diesem Crash anders ist

So richtig besorgniserregend sind nicht diese aktuellen Turbulenzen. Die werden wieder vorüber gehen. Sondern die Verwundbarkeit der sogenannten Stablecoins, die durch automatische Preisbindungsmechanismen an traditionelle Assets wie den US-Dollar oder Gold gekoppelt sind. Die Idee dahinter ist Stabilität. Krypto-Anleger können so ihre Digitalwährungen direkt auf der jeweiligen Plattform in einen Stablecoin umwandeln und später in US-Dollar auszahlen lassen.

Bisher hat das ganz gut funktioniert. Die Abweichungen der grössten Stablecoins zu den gekoppelten Währungen war äusserst gering. Doch in dieser Woche verlor mit dem TerraUSD, kurz UST, einer der grössten Stablecoins der Welt die Anbindung an den US-Dollar. Am Freitagabend war die Kryptowährung nur noch 16 Cent wert.

Bedeutet: Wer seine Bitcoins im Wert von 1000 Dollar vor einer Woche in den Stablecoin UST umgetauscht hat, erhält jetzt nur noch 160 Dollar.

Wer in Kryptos investiert, der zockt

Bei den Anlegern von Kryptowährungen stellt sich deshalb mal wieder die Frage nach dem Vertrauen. Selbst wer denkt, dass er sich auskennt, musste sich diese Woche wieder einmal eingestehen, dass er eben doch nicht wirklich eine Ahnung hat. Und schwindet das Vertrauen, purzeln auch die Kurse. Das ist die beste Erklärung für diese heftigen Turbulenzen.

Und was ist mein Learning aus dieser Woche? Kühlen Kopf bewahren. Wie bei Aktien muss man sich grundsätzlich auch bei Kryptos dieselbe Frage stellen: Glaube ich an das Projekt? Glaube ich an die Zukunft der Blockchain? Wer diese Fragen bejahen kann, der kann mit gutem Gewissen dabei bleiben. Trotzdem sollte man bescheiden sein.

Wer sein Geld in Kryptowährungen oder Aktien anlegt, der zockt immer auch ein bisschen. Immerhin: Beim Casino verliert man historisch gesehen, wenn man lange spielt. Bei den Aktien und der (sehr) jungen Geschichte von Kryptowährungen ist es andersrum.

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