Diese Haltung ist leider sehr populär und dem Geschwätz konservativer und kirchlicher Kreise geschuldet, die das Konstrukt der «intakten Familie» als höchstes Gut propagieren. Gemeint ist damit aber lediglich die Struktur, nicht etwa die seelische und mentale Unversehrtheit der Betroffenen. Ständiger Missmut, verbale und körperliche Gewalt, Alkoholmissbrauch, heimliche Affären – das scheint alles ein gerechtfertigter Preis dafür zu sein, dass die ach so heilige Familie bestehen bleibt.
Ist sich ein Paar jedoch einig, dass die Beziehung schon längst am Ende wäre ohne Kinder, dann ist das ein triftiger Grund für die Trennung. Sie muten Ihren Kindern nicht nur eine gegenwärtige Realität zu, die von Frustration, Kälte und Entfremdung geprägt ist, sondern prägen damit auch ihre künftige: Ihre Kinder lernen bei Ihnen, dass eine Partnerschaft zwingend etwas Lieb- und Freudloses ist und dass man dies zu ertragen hat wie ein Schicksal. Sie werden Ihre Beziehung daher später mit grosser Wahrscheinlichkeit imitieren – so wie Sie vermutlich bereits jene Ihrer Eltern wiederholen.
Vermutlich verkaufen Sie sich Ihr Zusammenbleiben als liebevollen und selbstlosen Gefallen, den Sie Ihren Kindern tun. Das Gegenteil ist der Fall: Sie traumatisieren sie, und einen Gefallen tun Sie höchstens sich selbst, indem Sie die Konsequenzen einer Trennung vermeiden. Das ist nachvollziehbar, denn die meisten davon sind schmerzhaft und anstrengend – aber legitimiert das wirklich, Ihren Kindern die Jugend zu vermiesen, indem Sie vor ihnen herumstreiten, einander angiften, verachten und kleinmachen? Indem Sie Ihnen immer wieder demonstrieren, wie schrecklich es ist, jemandem nahe zu sein?
Trennen Sie sich – das ist das Beste, was Sie für Ihre Kinder tun können. Und füreinander.
