Mit Ihnen ist alles in Ordnung. Sie sind einfach in die Andropause gekommen – die männliche Entsprechung der weiblichen Wechseljahre. Lange nannte man das Midlife-Crisis und hielt es für eine rein psychische Angelegenheit, eine Sinnkrise angesichts des nahenden Todes. Mittlerweile weiss man jedoch, dass eine hormonelle Veränderung der Grund ist für das bisweilen fragwürdige Verhalten von Männern mittleren Alters. Oder besser: für ihre bisweilen kuriose Reaktion auf hormonelle Veränderung. Man hört eher selten von Frauen, die sich in Ihrem Alter plötzlich ein Motorrad und einen jungen Liebhaber zulegen.
Dabei sind die Merkmale der Wechseljahre bei Frauen und Männern eigentlich sehr ähnlich: Gewichtszunahme, Muskelschwund, Abgeschlagenheit, Reduktion der Libido, Stimmungsschwankungen – ein wahrer Strauss an erfreulichen Neuigkeiten. Während aber gemeinhin bekannt ist, dass Frauen ab 40 davon betroffen sind, herrscht noch kein breites Bewusstsein dafür, dass das auch für Männer gilt. Erst recht nicht bei diesen selbst. Und weil sie ohnehin nicht geübt darin sind, offen über ihre Probleme zu reden, machen sie auch dieses lieber mit sich selbst aus. Und dem Motorradhändler.
Es ist nicht leicht, sich damit abzufinden, dass man aufgehört hat, ein junger Mensch zu sein, und nun damit beginnt, ein alter zu werden. Es ist ein Abschied. Nicht zuletzt von einem Selbstbild. In Ihrem Fall von der Gewissheit, ein stets strammer Sexgott zu sein. Denn wenn Sie das nicht sind, was sind Sie dann – und wie stehen Sie dazu? Falls Sie alte Menschen, namentlich alte Männer, als nutzlose Kauze betrachten, erwartet Sie eine ungemütliche Zukunft. Fragen Sie sich, was am Alter alles schön, heiter und leicht sein kann, und versuchen Sie überhaupt, es als Privileg zu sehen. Viele werden keine 50.