Wenn Sie einen Blick auf Kinderbekleidung werfen, bekommen Sie einen ziemlich guten Einblick in die Problematik: T-Shirts für Jungs sind mit «Adventure», «Hero» und «Awesome» betextet, solche für Mädchen mit «Glamour», «Princess» und «Party». Hosen und Pullis für Jungs sind ausserdem bequem, solche für Mädchen hingegen straff körperbetont, viele Oberteile sind sogar bauchfrei – für Siebenjährige. Mädchen, die nicht superschlank sind, haben Schwierigkeiten, passende Kleider zu finden – und erleben sich, obwohl sie es in keiner Weise sind, als dick.
Uns wird schon von klein auf ein Idealbild vermittelt. Nicht nur von der Modeindustrie, die offenbar alle Mädchen hasst, die nicht dünn sind, sondern auch durch das Verhalten von Erwachsenen. Mädchen bekommen Anerkennung vor allem dafür, dass sie niedlich sind. Ob sie sonst was draufhaben, ist nicht so wichtig. Kein Wunder, würden viele von ihnen später niemals ungeschminkt auf die Strasse gehen.
Männer sind da viel lockerer, weil sie schlicht lockerer sozialisiert werden. Von ihnen wird nicht Schönheit erwartet, sondern Erfolg, und den kann praktisch jeder erlangen, auf alle möglichen Arten. Das heisst nicht, dass Männer keine Selbstzweifel hätten – sie werden ihnen einfach nicht so früh und nachhaltig eingeimpft wie Frauen, die in der Folge geradezu allergisch auf Komplimente reagieren. Männer nehmen diese üblicherweise dankbar bis gierig entgegen. Für sie ist es wesentlich plausibler, anerkannt zu werden.
Unser Augenmerk sollte aber nicht auf Frauen und Männern liegen, da ist der Sozialisierungszug bereits abgefahren. Wir sollten vor allem Mädchen stärken. Wir sollten sie nicht dafür loben, dass sie hübsch sind, sondern mutig, ehrlich, frech und selbstbewusst. Und wir sollten den bauchfreien Quatsch im Regal hängen lassen.