An meinem Geburtstag wachte ich früh auf. Nicht freiwillig, sondern weil unsere Katzen den sicheren Hungertod nahen fühlten und mich in ihrer Not unsanft in Gesicht und Arme bissen. Das taten sie ganz still und leise, denn sie wollten Victor nicht aufwecken, der friedlich weiterschlief. Während ich einen panikerfüllten Moment lang mit einem Traummonster kämpfte, bis ich in die Realität des frühen Morgens fands. Leise stand ich auf, auch ich wollte Victor nicht aufwecken, der gerade eine neue und nicht gerade sanfte Behandlung über sich ergehen lassen muss und dementsprechend erschöpft ist (keine Sorge, es geht ihm den Umständen entsprechend «muy very good».) Die Katzen trippelten triumphierend voraus in die Küche, wo uns der Super-GAU erwartete: Wir hatten kein Katzenfutter mehr.
Was blieb mir anderes übrig, als mich anzuziehen und mich noch vor dem ersten Kaffee auf den Weg zum nächsten Laden zu machen. Ich war schon unterwegs, als ich mich erinnerte: Es war mein Geburtstag! Wollte ich den wirklich mit einer Erledigungstour beginnen? Die Katzen können warten, dachte ich trotzig und beschloss, erst mal schwimmen zu gehen. Obwohl ich seit über einem Jahr nicht mehr im kalten Wasser der Bay war, hatte ich immer noch die gepackte Badetasche im Auto. Eine halbe Stunde später zog ich, zusammen mit erstaunlich vielen anderen, meine Runden in der kleinen Bucht am Ende der Fisherman's Wharf. Touristen in Daunenjacken und Regenmänteln schauten uns verwundert zu. Es war einer dieser typischen Sommermorgen in San Francisco, kalt, grau und feucht. Was überall sonst als Nieselregen bezeichnet wird, nennt man hier «nassen Nebel». Ich schwamm hin und her und wieder zurück, dann drehte ich mich auf den Rücken und blickte in den Himmel hinauf, der so grau war wie das Wasser. Und plötzlich fühlte ich eine ungeahnte Zuversicht in mir aufsteigen und sich ausbreiten, bis sie jede Zelle durchdrang und ich nicht mehr wusste, ob es der Nebel war, der mein Gesicht nässte, oder Tränen.
Natürlich gibt es nicht den geringsten vernünftigen Anhaltspunkt für dieses Gefühl. Und wer weiss, wie lange es anhält. Doch im Moment, in dem ich dies schreibe, habe ich bereits eine ganze Woche ohne diese quälenden, kreisenden Sorgen erlebt, eine Woche voller Vertrauen, dass irgendwie alles schon gut kommt. Ein besseres Geburtstagsgeschenk habe ich nie bekommen.
Auf dem Heimweg machte ich im Supermarkt Halt. Ich war ein wenig durchfroren, meine Haare nass, meine Kleider sandig. Ich füllte den Einkaufswagen mit Katzenfutter, doch im letzten Moment und aus reinem Übermut legte ich einen bunten Blumenstrauss und eine Flasche Champagner dazu. Immer noch erfüllte mich dieses unerklärliche Glücksgefühl, und so strahlte ich die übermüdete Kassierin an: «Heute ist mein Geburtstag!» Mit gerunzelter Stirn schaute sie von mir zu meinen Einkäufen und wieder zu mir. Ihr Gesichtsausdruck wurde weich, ihr Blick mitleidig, und sie seufzte mitfühlend: «Ach, je ...»
Sie hielt mich offensichtlich für eine heruntergekommene «cat lady» – doch mein glückliches Strahlen konnte sie auch nicht ignorieren, und so zuckte sie mit den Schultern und murmelte etwas, das ich nicht verstand. «Es gibt viele Arten, glücklich zu sein», vielleicht.