Es ist so schön, wenn man mal nichts auszusetzen und nichts zu meckern hat. Das gilt natürlich generell im Leben – wobei man dort ja mit der englischen «stiff upper lip», der sprichwörtlichen steifen Oberlippe, am besten fährt und eben nicht meckert, sondern einfach nach der Maxime lebt: weiter im Takt. Besonders schön ist es aber als Kritikerin oder Kolumnistin.
Auf offener Strasse wird eine Mutter erstochen
Und heute ist so ein glorioser Fall: Am spannenden Kölner Tatort «Der Reiz des Bösen» gibt es kaum was auszusetzen. Ballauf und Schenk ermitteln im Fall einer Mutter, die auf offener Strasse erstochen wurde. Kurz zuvor hat sie einen frisch entlassenen, gewalttätigen Häftling geheiratet, den sie über ein Brieffreundschaftsprogramm kennengelernt hat. Der Fall scheint klar zu sein. Bald jedoch stossen die Ermittler auf weitere ungeklärte Mordfälle, die nach demselben Muster abliefen. Es scheint ein Serienmörder sein Unwesen zu treiben.
Der Reiz gewalttätiger Männer
Diese Kolumne ist zu kurz, um zu erklären, warum dieser «Tatort» so gut ist, drum Stichworte: 1. Clevere Rückblende, die sich erst zum Schluss erschliesst. 2. Realer Hintergrund: Frauen mit Helferkomplex verlieben sich tatsächlich oft in Häftlinge – auch Charlie Manson hat haufenweise Liebesbriefe gekriegt. 3. Der normalerweise unerträglich verschnarchte Assistent Jütte kriegt endlich eine richtig gute Hintergrundgeschichte.
Einzige klitzekleine Wermutstropfen: Die Anspielungen auf «Das Schweigen der Lämmer» hätten sie mal besser gelassen. Gegen diesen Film kann man nur abfallen. Und für Mütter ist es wieder mal ein bisschen schwierig.
«Tatort»: «Der Reiz des Bösen», SRF 1, 20.05 Uhr
Wertung: Fünf von fünf