Jede Nacht ertönt am Himmel ein Geschrei. Es sind Fledermäuse, die durch die Nacht jagen. Ihre Laute dienen der Orientierung, Echoortung nennt sich das. Durch den zurückprallenden Schall ihrer Rufe erkennen sie Hindernisse, Artgenossen oder Beute.
Das Fussballspiel ist zu Ende im Public Viewing, wir laufen am späten Abend nach Hause – und kriegen nicht mit, dass über unseren Köpfen ohrenbetäubend laut gejohlt wird. Im Nachthimmel existiert eine parallele Fankurve: Menschen können die Rufe der Fledermäuse nicht hören, auch wenn manche die Dezibelwerte eines Düsenjets erreichen.
Die Zwergfledermaus ist eine von knapp 30 Fledermausarten, die in der Schweiz nachgewiesen wurden. Sie kommt besonders oft in unseren Städten vor. Anders als andere Arten scheut sie kein Licht, sie macht sich Strassenlaternen bei der Jagd sogar zunutze.
Die Laterne als Mond
Warum Nachtfalter und andere Insekten überhaupt nachts um Laternen schwirren, hat mit dem Mond zu tun. Würden sie es bis zum Erdtrabanten schaffen, würden sie ihn spiralförmig umkreisen. Da der Mond aber Tausende Kilometer weit entfernt ist, fliegen sie mehr oder weniger geradeaus. Nur können Insekten künstliche Lichter nicht vom Mond unterscheiden. Sie umkreisen den vermeintlichen Mond endlos, sterben an Erschöpfung oder verbrennen.
Jede Lichtquelle tötet pro Nacht 150 Insekten. Alleine in Deutschland sterben pro Nacht eine Milliarde Insekten wegen Lichtverschmutzung. Das Problem hat sich enorm verschärft in den letzten Jahrzehnten, das Bewusstsein dafür ist erst am Erwachen. In der ganzen Schweiz gibt es keinen einzigen Ort mehr, wo in der Nacht natürliche Dunkelheit erreicht wird.
Schalten Sie die Girlande aus
Die Mehrzahl der Fledermausarten in der Schweiz ist gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Lichtverschmutzung ist sicher ein Faktor dafür. Einige Arten sind lichtscheu und werden in unbeleuchtete Gebiete zurückgedrängt. Zudem verschärft die Lichtverschmutzung das Insektensterben. Aber wie so oft, ist es eine Mehrzahl von Gründen, warum Fledermäuse leiden. Einer davon ist auch, dass unsere Gebäude zu wenige Rückzugsorte bieten.
Wir alle können einen kleinen Beitrag leisten: Schalten Sie nachts die Girlande im Garten und alle anderen unnötigen Lichter aus.
Simon Jäggi (41) ist Sänger der Rockband Kummerbuben und arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern. Er schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.