Es gibt einen Zeitungsverträger, der meine Kolumne jeweils fein säuberlich ausschneidet und mir persönlich zustellt. Er heisst Urs. Der Vorname Urs ist hierzulande sehr häufig, eine richtige Schweizer Eigenart, im restlichen Europa ist er kaum verbreitet. 27'012 Männer tragen gemäss Bundesamt für Statistik diesen Namen (damit der 19. häufigste männliche Vorname). Der Name kommt von ursus, lateinisch für Bär.
Auch der Bär war einst eine hiesige Eigenart, das wissen Bernerinnen, Appenzeller und St. Gallerinnen besonders gut. Aber nicht nur auf Kantonswappen, auch auf Schildern von Beizen, in Ortsnamen und Flurbezeichnungen tritt Meister Petz häufig auf. Die Diskussion, ob Bären zur Schweiz gehören, erübrigt sich damit eigentlich.
Tatsache ist auch: Der Bär ist zurück. Zumindest als temporärer Gast. 1904 wurde im Engadin das letzte Exemplar geschossen. Presse und Einheimische waren zur Stelle, um den Sieg über die bedrohliche Natur zu feiern. 100 Jahre lang galt der Bär in der Schweiz als ausgerottet. Bis 2005, dann kam Lumpaz, wie der BLICK den ersten Rückkehrer liebevoll betitelte (rätoromanisch für Lausbub). Und auch hier waren Medienleute und Bevölkerung aus dem Häuschen. Zwar hat sich die Schweizer Landschaft seither gewandelt, aber auch unsere Beziehung zu wilden Tieren – zumindest bei einem grossen Teil der Bevölkerung.
Futtersuche ist fast Fulltime-Job
Landesgrenzen spielen für den zurückkehrenden Braunbären ohnehin keine Rolle. Seine Streifgebiete können so gross sein wie der Kanton Uri. Bären leben ausserhalb der Paarungszeit als Einzelgänger. Sie sind bis zu 16 Stunden am Tag damit beschäftigt, ihren grossen Energiebedarf von bis zu 20'000 Kalorien zu decken – dies entspricht 26 Dürüms pro Tag. Bis zu drei Viertel ihres Nahrungsbedarfs decken sie aber mit pflanzlicher Kost. Im Sommer und Herbst ernähren sie sich vor allem von Obst, Nüssen, Eicheln, Kastanien und Buchennüsschen. Im Frühling, wenn die Natur erwacht, müssen sie sich mit Wurzeln, Gräsern und Insekten begnügen. Wenn sie sich an Fleisch von wilden Tieren gütlich tun, dann in erster Linie an Aas.
Ich wünsche Ihnen alle geruhsame Feiertage, den Faulpelzen, den Bärenmüttern, den Bärenstarken, den «Bärämannis», den Bears, den Schnuckiebären – und ganz besonders Urs.
Simon Jäggi (40) ist Sänger der Rockband Kummerbuben und arbeitet im Naturhistorischen Museum Bern. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.