Kolumne von Stefan Meierhans
Haben Sie eine Kranken-Zusatzversicherung?

Dann sind Sie eine wahre Goldmine für Spitäler. Sicherlich wird Ihr Spitalaufenthalt dadurch angenehmer. Aber leider muss ich Ihnen auch zu Wachsamkeit raten.
Publiziert: 18.03.2024 um 15:52 Uhr
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Aktualisiert: 22.03.2024 um 06:41 Uhr
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

Sich in schlechten Tagen etwas Gutes tun – das verstehe ich sehr gut. Nur sollte festgelegt sein, was das «Gute» eigentlich ist, woraus es besteht – und was ein Spital legitimerweise dafür verlangen kann. Ist das nämlich nicht geregelt, schafft das Anreize, die aus Sicht aller Patientinnen und Patienten schlecht sind.

Aber der Reihe nach.

Was sind eigentlich die Leistungen der Zusatzversicherung? Geringe Zimmerbelegung, längere Besuchszeit und …? Keine Sorge, wenn Sie hier nicht weiterwissen: Genau weiss das nämlich niemand, denn die zusatzversicherten Mehrleistungen sind nirgends scharf definiert. Manchmal ist es ein Blumenstrauss am Bett oder eine grössere Menüauswahl – mehrheitlich ist es wohl vor allem besserer Hotellerie-Service. Weit darüber hinaus geht es meist nicht, das kann man aus den Kosten ableiten, die die Spitäler selbst angeben: Pro Fall betragen sie durchschnittlich noch nicht einmal 700 Franken. Ihrer Zusatzversicherung in Rechnung gestellt werden hingegen pro Fall knapp 9000 Franken. Sehen Sie jetzt, warum Sie eine Goldader sind?

Und nun zum Teil, warum Sie wachsam sein sollten: Weil die zusatzversicherten Patientinnen und Patienten ein so lukratives Geschäft sind (vgl. meine Studie 2021), wird ihnen mitunter zu Eingriffen geraten, die medizinisch gar nicht unbedingt nötig wären – oder schlimmstenfalls schädlich und riskant sind.

Das ist leider belegt.

Eine Studie der Universität Basel und des Kantonsspitals Aarau von 2023 kommt zum Schluss: «An Patientinnen und Patienten mit einer privaten Zusatzversicherung wird in der Schweiz mit höherer Wahrscheinlichkeit ein kardiologischer Eingriff vorgenommen als an Personen, die nur grundversichert sind.» 2022 schrieb die «Handelszeitung» über eine kleine, auf orthopädische Eingriffe spezialisierten Basler Klinik: «(Dort) stemmen die Zusatzversicherten zwei Drittel der Marge, obwohl nur ein Drittel der Behandlungen auf die privat und halbprivat Versicherten entfallen.»

Auch die Ergebnisse einer Studie des Bundesamts für Gesundheit (von 2016) lassen aufhorchen: «Besonders interessant scheinen Leistungen aus dem orthopädischen Bereich zu sein.» So fand man heraus, dass die Halbprivat- beziehungsweise Privat-Zusatzversicherten in der Schweiz 2,2-mal häufiger am Knie und 1,5-mal häufiger an der Wirbelsäule operiert wurden. Hüftgelenke wurden 1,3-mal häufiger ersetzt.

Das sind verstörende Ergebnisse nicht nur für Zusatzversicherte, sondern das sind auch ganz schlechte Nachrichten für alle Grundversicherten: Denn den Löwenanteil der medizinischen Behandlung trägt natürlich auch bei Zusatzversicherten die Grundversicherung: Werden die Zusatzversicherten unnötig behandelt, treibt das die Kosten der Grundversicherung mit in die Höhe – mit der Folge, dass die Prämien steigen.

Deshalb verlange ich seit Jahren, dass hier endlich Verbindlichkeit geschaffen wird, das heisst, dass Leistungen definiert werden und diese ein Preisschild bekommen. Die Branche der Zusatzversicherer will das Problem mit einem Branchen-Framework lösen. Bis Ende 2024 soll das neue Regelwerk umgesetzt sein. Leider lässt es sehr viel Spielraum und hat in Zahlen messbar bisher wenig gebracht. Mein Fazit: Eine Light-Lösung bringt es nicht, nun muss – mit Blick auf das Prämienwachstum – die Schraube angezogen werden. Gefragt ist hier einerseits die Finanzmarktaufsicht Finma – dereinst aber vielleicht auch der Gesetzgeber. Fest steht: Ein Weiter-wie-bisher darf es nicht geben.

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