Kolumne «So ein Ding!» von Lisa Feldmann über den Mini-Jupe
Über kurz oder lang

Darf ein Rock ganz kurz sein? Klar. Muss seine Trägerin blutjung und superschlank sein? Natürlich nicht. Das Comeback des Mini-Jupes wirft ein paar Fragen zum Frauenbild auf.
Publiziert: 24.07.2021 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2022 um 15:32 Uhr
Die 68-jährige Brigitte Macron, Ehefrau des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, trägt selbstbewusst Mini-Rock.
Foto: Getty Images
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Lisa FeldmannLifestyle-Expertin

In diesem Sommer der wiedergewonnenen Freiheiten sorgt ein Kleidungsstück für neue Aufregung, das schon bei seiner revolutionären Premiere vor gut einem halben Jahrhundert Furore machte.

Die Rede ist vom Mini-Jupe.

Dieser damals nur zwei, drei Handbreit lange, leicht ausgestellte Jupe löste das kniebedeckende, eng anliegende Modell der Fünfzigerjahre ab, unterstrich die Mädchenhaftigkeit einer neuen Frauengeneration und deren Selbstbewusstsein: Der Mini-Jupe wurde in den Sechzigerjahren zur Uniform der sexuell befreiten jungen Frauen.

Die neue Empörung gilt dem Alter

Zu deren neuem Selbstverständnis gehörte auch, dass die Beine, die jetzt so gut gelaunt zur Schau gestellt wurden, nicht unbedingt einem definierten Idealmass entsprechen mussten. Jupes, die auch nur an die Knie heranreichten, galten als unmodern; wer unbedingt wollte, konnte auf die Midi- oder Maxi-Modelle ausweichen. Alle anderen zeigten Bein – ohne Ansehen von Person und Body-Mass-Index.

In den Jahrzehnten danach tauchte der Mini-Jupe immer mal wieder auf, getragen wurde er da nur noch von Frauen, deren Beine sehr dünn waren und nicht unter anderthalb Meter lang. Ein sehr kurzer Jupe über – sagen wir mal – wohlgeformten Oberschenkeln galt als Provokation. Als Studentin ist mir vom Hausmeister einmal der direkte Weg in die Hölle prognostiziert worden, als ich in meinem Leder-Mini vor ihm die Treppe hinabstiefelte.

In diesem Sommer gilt die Empörung einem neuen Kriterium, das seit geraumer Zeit seinen festen Platz auf den Ratgeberseiten der Frauenzeitschriften hat: dem Alter! Was wir Frauen in welcher Lebensphase noch dürfen und was wir lieber lassen sollten. Schulterlange Haare, zum Beispiel. Leggings. Ärmellose Kleider.

«Meine Mama denkt, ich bin zu alt …»

Ich bin davon überzeugt, dass jede Frau alles tragen kann. Erfreue mich an Brigitte Macron oder Jill Biden, die mit ihren Mini-Jupes Staatsempfänge aufmischen. Und an Hollywood-Star Diane Kruger, die ein Selfie von sich im Louis-Vuitton-Minikleid mit dem Text postete: «Meine Mama denkt, ich bin zu alt für dieses Kleid – mir sch…egal!»

Ich bilde mir ein, in diesem Sommer wieder mehr Frauen zu sehen, die Knie und Oberschenkel in die Sonne strecken, auch wenn sie weder superschlank noch blutjung sind.

Vielleicht befreien wir uns gerade aufs Neue von einem tradierten Frauenbild, das uns seit Jahrzehnten in dieselbe Schublade zwängt.

Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf www.feldmanntrommelt.com

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