Ich mag kaum glauben, dass wir an dieser Stelle noch nicht über Birkenstocks gesprochen haben! Jene Gesundheitsschuhe, deren uncoole Gattungsbezeichnung auf coolen Websites mit «Slip-ons» übersetzt werden. Als Kind wurden sie mir jedes Jahr neu angepasst – damals trat man mit nasser Sohle auf ein Blatt, vom Hersteller aus der deutschen Provinz den Kunden zugesandt, und bekam massgefertigte Sandalen retour. Von diesem Konzept und den Fussbettfinken verabschiedete ich mich als Teenager, damals dachte ich: für immer.
Ausgerechnet Backstage bei einer Chanel-Modeschau sahen wir uns wieder: Supermodel Linda Evangelista trug weisse Birkenstocks zu himmelblauen Frotteeshorts, während sie für das Defilee geschminkt wurde! Noch in Paris kaufte ich mir am nächsten Tag mein eigenes Paar.
Hipster tragen sie das ganze Jahr
Wir sprechen von 1995 und der damaligen Obsession der Modewelt mit sogenanntem Streetstyle. Flache Schuhe gab es bald von jedem Designer: Sneakers, Loafers, Flip-Flops. Selbst Karl Lagerfeld kreierte wenige Saisons später eine Sandale im legendär plumpen Stil, versehen mit einem doppelten C, versteht sich.
Eine neue Generation Designer, von Phoebe Philo bis Demna Gvasalia, schien es später dann geradezu darauf anzulegen, Mode für Céline oder Balenciaga zu kreieren, die sich prima mit Birkenstocks kombinieren liess.
Bis heute stapeln sich in meinem Schrank mindestens drei Paar in unterschiedlichen Farben. Zu meinen meist flammrot lackierten Fussnägeln funktionieren sie von Mai bis Oktober zu hochgekrempelten Jeans oder Blumenkleidern. In Hipster-Hochburgen wie Berlin-Mitte oder Brooklyn gehören sie das gesamte Jahr über zur Alltagsuniform.
Und jetzt zu den nackten Männerfüssen
Seit unser Homeoffice-Leben genau diesen Dresscode weltweit zur Doktrin erklärt hat, lässt sich die Popularität des klassischen Birkenstocks nur noch durch sogenannte Capsule-Collections steigern. Momentan fliegen Modelle einer britischen Designerin und eines italienischen Couturiers aus den Regalen.
Für mich gehörten die Sandalen übrigens bis vor kurzem nicht an Männerfüsse. Ausnahme: Wenn sie zu einem sehr jungen und sehr braungebrannten Surfer gehörten, der gerade der Brandung in Malibu entstiegen war. Das hat sich verändert: Ein neuer, ungezwungener Umgang mit Geschlechterrollen hat dazu geführt, dass professionelle Pediküre nicht länger als unmännlich gilt!
Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf Instagram unter feldmanntrommelt.