Seit gut anderthalb Jahren schlagen wir uns mit wechselnden Bestimmungen herum, wenn wir ausgehen wollen. Geöffnete Restaurants, dann wieder: Alles geschlossen. Strenge Sperrstunden, Maskenpflicht, dann wieder: Kein Thema, gehen Sie ruhig an Ihren Tisch. Eingetragene persönliche Daten, soziale Abstände. Und alles natürlich auf Englisch, gilt ja schliesslich auf der ganzen Welt.
Nun sollen wir uns auch noch ausweisen, geimpft, getestet oder genesen sollen wir sein – wird ja immer besser!
Doch während einige meiner Landsleute laut ihren dringenden Wunsch nach «Liberté» skandieren, möchte ich an dieser Stelle einmal leise auf die Veränderungen im Ausgang hinweisen, von denen ich hoffe, dass sie auch nach überstandener Covid-Krise erhalten bleiben.
Endlich intime Tischgespräche
Es fängt an mit den Abständen zwischen den Tischen. Auch wenn das auf Kosten der Rentabilität geht – mir war es in den meisten Lokalen schon immer zu eng. Nicht selten verdarb mir der strenge Geruch einer Bouillabaisse, der vom Nachbartisch herüberwehte, den Appetit. Fremde Gespräche wollte ich nur ungern mithören, noch weniger lag mir daran, die eigenen einer potenziellen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Dass jetzt an grösseren Tischen oft Plexiglas-Scheiben einzelne Parteien voneinander trennen, darf von mir aus für immer so bleiben. Leutselige Intimität kann gern auf Bierzelte und Feuerwehrfeste beschränkt bleiben.
Raus mit den Stühlen!
Viele Restaurants, die sich früher zu fein dafür waren, haben den Lieferservice entdeckt oder stellen gleich ganze Sortiment-Reihen von vorfabrizierten Suppen und Eintöpfen her. Und auch wenn das sicher nicht vergleichbar ist, die Qualität der einzigartigen analogen Zubereitung niemals auch nur annähernd erreicht werden kann, ist es doch ein Freude, zumindest den Spirit meines Lieblingslokals zu spüren. Das soll bitte erhalten bleiben im kommenden Winter, damit es sich auch in den grösseren Städten der Schweiz anfühlt wie in London oder New York.
Darf ich mir an dieser Stelle etwas wünschen für den kommenden Winter – im Namen unsere Gastronomie? Die Erlaubnis, ihre Stühle auch auf öffentliche Trottoirs zu stellen, in Kombination mit legalisierten Heizpilzen. Unser Planet wird das entschuldigen. Weniger Ordnungsamt, mehr Open Air.
Das ist die Freiheit, die ICH meine.
Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf feldmanntrommelt.com