Ich hatte eine Kollegin, die kam am ersten Tag nach den Weihnachtsferien immer ganz in Weiss auf die Redaktion. Und machte keinen Hehl aus der tieferen Bedeutung dieser Kleiderwahl: «So kommt meine Bräune am besten zur Geltung!» Wir standen in der Kaffeeküche um sie herum, die meisten von uns blass um die Nasen, einige mit den typischen Einfärbungen auf Stirn und Wangen, die den Skifahrer verraten. Und waren alle ein wenig neidisch auf zwei Wochen Malediven und deren sichtbare Folgen.
Eine Freundin von mir schickte viele Jahre Sonnencremes mit niedrigen Lichtschutz-Faktoren an ihre ehemalige Gastfamilie in Südafrika: «Da ist längst alles unter LSF 30 verboten – die ärgern sich über die Bevormundung und würden gern wieder so schön braun werden wie früher!»
«Sowieso lieber im Schatten»
Und dann ist da noch die Erinnerung an meinen Vater – der sich quasi nie im Leben eingecremt hat. «Ich liege doch sowieso lieber im Schatten», war ein Argument, das andere: «Bei dem bisschen Sonne hier bei uns werde ich mich auch noch davor schützen?» Und referierte damit auf den meist verregneten Sommer in unserer mitteldeutschen Heimat.
In diesem Sommer, der nun langsam zu Ende geht, habe ich in meinem Umfeld bisher erlebt: Eine Kollegin, die den gesamten Juli über durch Sizilien gereist ist, hatte danach einen Teint wie nach zwei Wochen verregneter Nordseeinsel. Eine Freundin kam blasser aus dem Tessin zurück, als sie hingefahren war. Und selbst mein Mann hat mittlerweile ein schlechtes Gewissen, sollten Gesicht oder Arme Sonnenspuren aufweisen.
Selbstbräuner und vegane Burger
Wir liegen inzwischen nicht mehr in der Sonne herum, um uns zu erholen, sondern hiken stattdessen durch Patagonien oder über die Faröer-Inseln. Und: Wir schützen unsere Haut sogar bei Regen mit hohen Lichtschutzfaktoren.
Braun gebrannt von hoch temperierten Ferienzielen zurückzukehren, gilt als klarer Beleg, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Cool hingegen ist, wer bleich wie ein Oberhemd zur ersten Konferenz ins analoge Office zurückkehrt.
Und was ist mit Selbstbräuner? Ehrlich gesagt: Gut, dass es damit nun auch vorbei ist! Braun aus der Tube klang für mich immer nach veganem Burger. Und warum den jemand essen möchte statt einfach gleich etwas, das auch rein pflanzlich daherkommt und schmeckt, das muss mir irgendwann noch jemand erklären.
Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf www.feldmanntrommelt.com