Lieblingsszene in einem Lieblingsfilm: Die Sekretärin (gespielt von Melanie Griffith) kommt in die Wohnung ihrer Chefin, um deren Kleiderschrank zu inspizieren; sie braucht eine Abendrobe für einen gesellschaftlichen Anlass, der sich jenseits ihres Kleiderbudgets abspielt. Ihre beste Freundin (Joan Cusack) soll ihr dabei helfen.
Sie stossen bald auf ein schickes Cocktailkleid, es wurde offenbar noch nie getragen, denn am Reissverschluss baumelt das Preisschild. Dessen Anblick verschlägt beiden die Sprache, die Freundin erholt sich etwas schneller: «Dabei ist es nicht mal aus Leder!»
Garantierter Lacher: Als der Film «Working Girl» Ende der Achtzigerjahre in die Kinos kam, lernten wir also, dass ein Designerkleid schnell mal in die Preis-Range eines Gebrauchtwagens rutschen konnte, bis dahin war echtes Leder der Inbegriff von etwas Kostbarem gewesen. Wofür man sparte, was man viele Jahre lang zu tragen hoffte. Auch in meinem Schrank hängt ein Wildleder-Blouson, der inzwischen knapp zwanzig Jahre alt ist und noch immer zu Ehren kommt.
Dann stöckelten erste Leder-Imitate über den Mode-Laufsteg: Die Designerin Stella McCartney verwendet inzwischen seit mehr als zwanzig Jahren auch für Schuhe und Handtaschen ausschliesslich Stoffe oder Kunstleder. Der Rest der Modewelt setzte weiter auf Altbewährtes; nur hier und da gab es auch bei anderen Designern künstliche Felle oder Leder-Imitate.
In diesem Herbst scheint plötzlich alles anders: Echtes Leder und erst recht echte Pelze werden zum No-Go. Nach dem Motto: «Trägst du noch Pelz – oder bist du schon cool?»
Gucci, Prada oder Chanel haben aufgehört, Pelze oder exotische Tierhäute zu verwenden und dies medienwirksam verkündet – mit Blick auf eine neue Generation Kundinnen, die Tierschutz zum Must erklärt hat.
Denn leider sind Produkte aus Massentierhaltungen seit langer Zeit viel zu billig. Auch unsere Bratwurst gewinnt ja im direkten Vergleich zu Auberginen und Zucchetti in jedem Supermarkt. Die Anzahl der Veggies ist in jüngerer Vergangenheit zwar sprunghaft angestiegen, doch noch gehören auch diese Trendsetter zu einer urbanen Elite.
Wir wären einen grossen Schritt weiter, wenn der Wert einer Lederjacke – oder eines Schnitzels – mit Wertschätzung einherginge. Aber ich fürchte, in einer Welt wie unserer, wo die Superreichen ganze Viehherden ausrotten könnten, kann der Preis allein nichts mehr regulieren.
Oder – ist Reichsein vielleicht auch schon längst nicht mehr cool?
Lisa Feldmann hat sich schon als Chefredaktorin der Zeitschrift «Annabelle» über die tiefere Bedeutung unserer alltäglichen Lifestyle-Produkte Gedanken gemacht. Heute liest man darüber jeden zweiten Samstag im Blick und auf www.feldmanntrommelt.com