Der Filmklassiker «Breakfast at Tiffany's», der Actionmovie «Die Avengers» und der Kinderfilm «Toy Story» haben etwas gemeinsam: Sie bestehen den Bechdel-Test nicht. Dabei ist der von der Autorin Alice Bechdel entwickelte Test für Filme ziemlich einfach. Sie müssen nur drei Voraussetzungen erfüllen:
1. Im Film kommen mindestens zwei weibliche Charaktere mit einem Namen vor.
2. Die beiden führen eine Konversation miteinander.
3. Die Konversation dreht sich nicht um einen Mann.
Sie wären überrascht, wie viele Filme diesen simplen Test nicht bestehen. Gerade deshalb geniesst er in meinem Umfeld grosses Ansehen und wird nach einem Kinobesuch gerne retrospektiv angewandt.
Als ich letztens vom Mädelsabend heimkehrte, fiel mir aber auf: Die ganze gemeinsame Zeit war nicht nur durchzogen von Wein und Gelächter, sondern auch von Gesprächen über Männer. Meine Freundinnen und ich haben den Bechdel-Test sowas von nicht bestanden! Damit widerspreche ich meinen Prinzipien diametral. Ist das ein Problem?
Schliesslich ist es gerade meine Generation, welcher gerne eine solche Widersprüchlichkeit vorgeworfen wird. Wir würden immer den Fünfer und s’Weggli wollen, seien Klimaaktivistinnen und Weltenbummler. Oft sind es aber auch wir selbst, die am härtesten mit uns ins Gericht gehen. Handelt jemand anders als es das Instagram-Profil vermuten lässt, wartet die härteste Strafe der Gen-Z-Richter: Man ist dann fake.
Solche Vorwürfe schüren eine gewisse Angst, die einen neuen Trend befeuert: den des sich alles Zurechtrückens. So deklarieren beispielsweise einige Menschen Beauty-OPs plötzlich als feministisch, um so ihre eigenen Schönheitseingriffe zu rechtfertigen. Ich habe kein Problem mit solchen OPs. Ich denke aber auch nicht, dass sie feministisch sind. Denn es geht beides nebeneinander: Man kann sich feministisch nennen und sich die Nase machen lassen – und trotzdem eine gute Person sein.
Der Grat zwischen Widersprüchlichkeit und Heuchelei ist natürlich schmal. Wer jeden Tag seine Meinung ändert, ist ein Fähnchen im Wind. Aber wir müssen uns einen kleinen Spielraum für Widerspruch zugestehen. Völlig geradlinig ist niemand, wahrscheinlich nicht mal «Hardliner» Andreas Glarner.
Denn: Praxis und Theorie haben deshalb verschiedene Namen, weil sie verschiedene Dinge sind. Das Leben funkt da immer dazwischen. Gerade in den sozialen Medien ist es so einfach, nur eine Facette von sich preiszugeben, sodass man leicht vergisst, dass Ideale und Wunschvorstellungen selten mit der Realität übereinstimmen.
Ich werde auf jeden Fall weiterhin an Mädelsabenden lachen und quatschen – und wenn es eine von uns braucht, auch mal nur über Männer. Ich werde aber auch weiterhin Filme kritisch beurteilen, die Frauen gar nicht oder einzig und allein als männerbessesene Wesen darstellen. Denn so ist es im Leben nun mal: Manchmal besteht man den Test und manchmal nicht.
Noa Dibbasey (22) studiert an der Universität Bern Sozialwissenschaften. Sie schreibt jeden zweiten Freitag im Blick.