Kolumne «Alles wird gut» über Junge mit Ambitionen
Party und Politik

Die Pandemie zeigt, wie stark Entscheidungen von Politikern unseren Alltag prägen. Das kann man schlecht finden. Oder als Ansporn nehmen, selber nach Einfluss zu streben. Manche Junge tun das jetzt. Gut so.
Publiziert: 19.04.2021 um 06:48 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2021 um 15:19 Uhr
Ursula von Arx, Autorin.
Foto: Thomas Buchwalder
Ursula von Arx

Eine frohe Nachricht: Was mit dem Klima anfing, hört mit Corona nicht auf, die Politisierung der Jungen nämlich. Vor allem die Jungparteien legten zu, zehnmal so viele Neumitglieder im Pandemiejahr 2020 wie in einem normalen Jahr bei der Juso, grosser Zuwachs bei der Jungen SVP, Aufschwung auch bei der Jungen Mitte (früher CVP und BDP).

Dass die Klimajugend es verstanden hat, das Bewusstsein für eine mögliche globale Katastrophe zu popularisieren, wird allgemein bewundert. Gleichzeitig gab es den Versuch, diese Leistung zu verharmlosen, indem ihr Ereignischarakter betont wurde: Sich jeweils am Freitag zu versammeln, coole T-Shirts mit coolen Botschaften anzuziehen, ein paar Plakate in den Himmel und die Kameras zu strecken und so auf sich aufmerksam zu machen: «Verbrennt Faschisten, nicht Bäume», «Es gibt keinen Planeten B» – schön und gut, aber wie nachhaltig kann das sein?

Ist es nicht «demokratischer Sentimentalismus», wie es der bulgarische Politologe Ivan Krastev nennt, wenn wieder mal tausend junge Menschen auf die Strasse gehen und alle jubeln? Ein bisschen demonstrieren, ein paar Internetklicks für das Gute mit grünem Anstrich, eine Nacht campieren auf dem Bundesplatz – ist das schon Politik? Oder doch immer noch eher Party? War das nicht einfach ein trendiges Spiel in erster Linie um Zugehörigkeit, ein Wettbewerb um Anerkennung, vor allem in der Peergroup?

Wille zur Macht bei den Jungen geweckt

Nun ist die Klimajugend ja nicht tot, sie wurde nur ruhiger gestellt, durch Corona. Die Pandemie mag die Klimakatastrophe im Bewusstsein überlagert haben, aber sie machte auch spürbar, was Politiker leisten können. Sie hat gezeigt, welchen Einfluss deren Entscheidungen auf unseren Alltag haben.

Offenbar hat diese Erfahrung das Vertrauen in die Sinnhaftigkeit von Institutionen gestärkt. Die Vorstellung, sich in parteipolitische Prozesse einzubinden und sich davon ein Stück weit disziplinieren zu lassen, scheint wieder weniger abschreckend zu sein als auch schon. Zum Glück, denn was taugen Energien, wenn sie nicht kanalisiert werden?

Corona hilft dem Klima, nicht nur, weil viele Flugzeuge am Boden bleiben und Pendlerautos in der Garage. Der Effekt auf die junge Generation ist grundsätzlicher: Die Klimakatastrophe förderte die Selbstermächtigung der Generation Z, die Corona-Krise weckt in ihr den Willen zur Macht. Alles wird gut.

Ursula von Arx mag es nicht, wenn jedes Unglück zur Chance umgedeutet wird. Aber die Corona-Pandemie ist eine zu grosse Katastrophe, als dass man sie nur negativ sehen könnte. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.

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