Kolumne «Alles wird gut» über geschlechtergerechte Sprache
Wissen Sie, was ein Schriftsteller ist?

«Generisches Maskulinum» ist ein Fremdwort, das immer weniger Menschen fremd ist. Es bedeutet, dass Ärztinnen mitgemeint sind, auch wenn nur von Ärzten die Rede ist. Diskriminierung? Ja, findet jetzt sogar der Duden – und befeuert den Streit um die deutsche Sprache.
Publiziert: 22.02.2021 um 07:09 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2021 um 15:19 Uhr
Ursula von Arx, Autorin.
Foto: Thomas Buchwalder
Ursula von Arx

Ende 2021 soll die Arbeit abgeschlossen sein. Dann will sich der Duden geschlechtergerechter präsentieren. Der Duden! Das bekannteste deutschsprachige Wörterbuch, die gottgleiche Autorität für alle Rechtschreibungsgläubigen und Bedeutungssuchenden.

Dieser Duden bringt nun das generische Maskulinum zum Verschwinden. Ein Schriftsteller ist offiziell bald nicht mehr «jemand, der literarische Werke verfasst», sondern eine «männliche Person, die literarische Werke verfasst». Die Schriftstellerin kriegt einen eigenen Lexikoneintrag, als «weibliche Person, die literarische Werke verfasst».

Die Nachricht löste grosse Erregung aus. Sie beschleunigte den emotionalen, intellektuellen, moralischen Puls vieler. So sexy kann es sein, sich mit Sprache zu befassen!

Die einen diagnostizieren einen brutalen, ideologiegetriebenen Eingriff in die Struktur des Deutschen. Der Duden solle die Sprachentwicklung abbilden, nicht lenken, fordern sie und vergleichen die Arbeit der Dudenredaktion mit «Gehirnwäsche» (Verein Deutsche Sprache). Andere lassen sich «zur Weissglut treiben» von der Hässlichkeit der neuen Doppelformen. «Schriftstellerinnen und Schriftsteller», um Gottes willen. Oder noch schlimmer: «Schriftsteller*innen». «Ein Störmanöver», das Auge gerate in Tumult durch diesen «blöden Stern», klagt die Büchner-Preis-Trägerin Sibylle Lewitscharoff. Sie sieht die Schönheit, Eleganz, die Knackigkeit der Sprache in Gefahr.

Gekränkte Boomer, sexistische Korrekte

Ebenfalls genervt, wenn auch aus gegenteiligen Gründen, ist die Kolumnistin Margarete Stokowski: Millionenfach schon sei bewiesen worden, dass viele Menschen, wenn von einem «Arzt» die Rede ist, nicht an eine Frau denken. Sie habe nun wirklich Besseres zu tun, als mit gekränkten Boomern über Selbstverständlichkeiten zu diskutieren.

Nele Pollatschek ist kein gekränkter Boomer. Trotzdem spricht sich die Schriftstellerin – Pardon, der Schriftsteller – gegen das Gendern aus. Warum? Weil Gendern sexistisch sei. Indem wir das biologische Geschlecht immerzu explizit betonten, machten wir es zur wichtigsten Identitätskategorie. Das findet Pollatschek so beengend, dass sie konsequent das generische Maskulinum benutzt und sich als «Schriftsteller» bezeichnet.

Der Weg ist das Ziel, auch hier. Schon allein der Streit macht alle zu besseren, weil sprachsensibleren Menschen. Alles wird gut.

Ursula von Arx gendert manchmal, manchmal nicht, je nach Umgebung. Sie wurstelt sich durch, ganz opportunistisch. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.

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