Kolumne «Alles wird gut» über die Ehe
Warum heiraten? Ja, warum nur?

Es gibt viele gute Gründe fürs Heiraten, und seien es tausend weisse Tauben über der Hochzeitskutsche. Einiges spricht auch dagegen, etwa die Steuern. Zu welcher Kategorie gehört die Liebe?
Publiziert: 09.08.2021 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2021 um 13:15 Uhr
Hochzeiten feiern Hochzeit – mit weissem Brautkleid und allem Drum und Dran.
Foto: Shutterstock
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Ursula von ArxJournalistin und Buchautorin

Der August ist normalerweise eine Spitzenzeit für Hochzeiten.

Tatsächlich gibt es handfeste Gründe zu heiraten. Für Heterosexuelle schon länger, und ab dem nächsten Abstimmungswochenende ist die Ehe hoffentlich für alle eine Möglichkeit.

Aus guten Gründen heiratet man, um einem ausländischen Partner die Einbürgerung zu erleichtern. Oder wenn ein Paar gemeinsam Kinder adoptieren möchte. Auch die Dienste von Fortpflanzungsmedizin oder schweizerischen Samenbanken können nur Verheiratete vollumfänglich in Anspruch nehmen.

Ebenfalls ein guter Grund ist Verschwendung: ein Fest mit überbordenden, keinesfalls zweckmässigen Bildern, an die man nur glaubt, indem man sie aufführt, vor Publikum. Tausend weisse Tauben, ein sinnlos weisses, spitzendurchtränktes Einwegkleid mit Schleier und Schleppe, eine Kutsche für die Kirche, danach ein Helikopter, der einen in den Himmel trägt, der säkulare Treueschwur in einem rumänischen Dracula-Schloss, bitte Knoblauch nicht vergessen, Humor, haha, inbegriffen.

Hochzeiten feiern Hochzeit

Zur wirtschaftlichen Absicherung von Hausmännern oder Hausfrauen ist die Ehe seit einem Bundesgerichtsurteil von Anfang dieses Jahres leider nicht mehr geeignet. Der Zuhausegebliebene hat keinen Anspruch mehr auf den Erhalt des ehelichen Lebensstandards: Sollte es zu einer Scheidung kommen, ist jeder für sich selbst zuständig, egal, wie lange er Windeln gewechselt, Kinderköpfe gestreichelt, Hausaufgaben beaufsichtigt und azurblaue Badezimmerböden geputzt hat und also weg war von der Welt des Berufslebens, wo lockerere Arbeit sogar mit Einkommen belohnt wird.

So oder so gibt es nicht wenige Leute, für die die Ehe ein Verlustgeschäft ist, Stichwort «Heiratsstrafe» bei Bundessteuern und der AHV.

Und dennoch feiern Hochzeiten Hochzeit. Ist das nicht verrückt?

Ewig diese ewige Treue

Den Gipfel des Wahnsinns markiert die Tatsache, dass der von Heiratswilligen meistgenannte Grund für eine Ehe der schlechteste ist, nämlich: Liebe. Denn der Liebe ist mit staatlicher Absicherung nicht zu helfen. Im Gegenteil: Die Ehe trägt den Keim des Misstrauens in sich. Wer «ewige Treue» schwört, lebt unweigerlich über seine Verhältnisse. Wer heiratet, denkt unwillentlich an Scheidung.

Warum also heiraten? Gerade darum. Gerade weil die Scheidungsrate mit 40 Prozent hoffnungslos hoch ist, hilft nur der blinde Glaube: Alles wird gut.

Ursula von Arx hat aus handfesten Gründen und ohne Helikopter geheiratet. Ein Glück. So glaubt sie immer noch, dass jeder Tag der schönste sein kann. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.

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