Kolumne «Alles wird gut» über die Minibar und andere Hoteleinrichtungen
Gehört der Duschkopf in den Koffer?

Mit der wiedergewonnenen Freiheit des Reisens kehren auch Fragen zurück, die man sich lange nicht mehr gestellt hat. Zum Beispiel, wie ehrlich man beim Auschecken aus einem Hotel sein soll.
Publiziert: 12.07.2021 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.07.2021 um 18:52 Uhr
Ursula von Arx über die Minibar und das Auschecken im Hotel.
Foto: Thomas Buchwalder
Ursula von Arx

«Haben Sie etwas aus der Minibar konsumiert?» An diese typische Hotelcheck-out-Frage dürfen wir uns jetzt wieder gewöhnen. Es ist Ferienzeit, Reisezeit. Berge, Wiesen, Wind in den Haaren, Strand und Sonne, Clubs und Kathedralen, coronagelockerte Freiheit.

Doch die Minibar-Frage bringt einen dahin zurück, schlagartig, wovor man geflohen ist: Zu den Schlachtbänken des Alltags. Sie kann noch so sachlich gestellt sein, der inquisitorische Unterton schwingt mit. Eben noch war man im Paradies, mit sich im Reinen, schon steht man vor Gericht, ohne dass man etwas Böses getan hätte.

Denn selbst wenn Sie alkoholische Getränke meiden wie der Teufel das Weihwasser, Erdnüsschen Ihnen Verdauungsprobleme bereiten und eine Cola nur in Ihrer Kindheit etwas war, was Sie sich einverleiben mochten, zögern Sie jetzt. Wut steigt hoch. Nein, das haben Sie nun wirklich nicht nötig, sich von einem Rezeptionsschnösel durch eine Art Ehrlichkeitstest beleidigen zu lassen.

Verführerischer Geist aus der Flasche

Sie sind sich ja eigentlich ganz sicher, der Versuchung widerstanden zu haben. Sind Sie? Immerhin wurde nach allen Regeln der psychologischen Verführungskunst gespielt, um Sie zu einem «Impulskauf» zu verleiten. Der ja so unverschämt überteuert gewesen wäre – 33 cl Cola für umgerechnet 8 Franken –, dass Sie tatsächlich überlegt haben, ob Sie als Kompensation nicht den Duschkopf hätten abschrauben und mitgehen lassen sollen.

Jedenfalls standen Ihnen die gekühlten Herrlichkeiten immerzu vor Augen, wenn Sie sich, müde von den Zumutungen der Fremde, aufs Bett fallen liessen. Durch durchsichtige Türen und Innenbeleuchtung winkten Ihnen die Fläschchen zu wie Grüsse aus der Heimat, das weltweit ähnliche Angebot, Heineken und Cola, begütigte Sie. Wie beschützende Soldaten standen sie da, die Fläschchen, in Reih und Glied, ein Betäubungsmittel gegen die Unbehaustheit von Hotelzimmern und der Welt.

Ich? Ich doch nicht!

Sie entscheiden sich, zum Angriff überzugehen. Obwohl Sie wissen, dass in vielen Minibars mittlerweile elektronische Spione eingebaut sind, die jede Bewegung registrieren, leugnen Sie eiskalt, sich je mit diesem Ding beschäftigt zu haben.

Und sicher erzählen Sie nicht, dass Sie eine Flasche mit körpereigenen Säften gefüllt und perfekt verschlossen wieder reingestellt haben. Schliesslich machen das viele. Alles wird gut.

Ursula von Arx hat nie gelernt, wie man einen Duschkopf abschraubt. Und ist längst alt genug, um Hotelbademäntel hängen zu lassen. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.

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