Gestern haben Schweizer darüber abgestimmt, wie sie ihre Welt gestalten wollen. Heute soll hier derjenige zur Sprache kommen, der diese Welt angeblich geschaffen hat. Reden wir also über Gott und die Welt. Es könnte manche Enttäuschung und manches Triumphgefühl nach den gestrigen Entscheidungen entspannen.
Wer über Gott und die Welt redet, redet über alles Mögliche. Also über viel mehr als nur das Wirkliche. Es geht um alles, also auch um das Nichts. Um alles und nichts.
Wofür stehen die beiden Wörter in dieser Redensart? Wie untrennbar gehören sie zusammen? Was ist das für ein Wortpaar? Eins wie Schöpfer und Schöpfung? Gut und böse? Heilig und profan? Oder eins wie Mann und Frau?
Im Mittelalter wurde «Frau Welt» von vorne als schöne Frau dargestellt, ihr Rücken jedoch war übersät mit Eiterbeulen und Ungeziefer. Als ob die Welt ein Trugbild wäre, verlockend zwar, aber im Grunde krank, voller Heimtücke und Hässlichkeit. Dem irdischen Jammertal, seiner Irrtumsverfallenheit entkam man erst im Jenseits, auch Vertröstung war göttlicher Trost.
Schnorchel in heilige Sphären
Viele sehen es heute gerade umgekehrt. Für sie verbreiten Gott und Glaube Furcht und Schrecken. Die Religion ist ein Opiat. Die heilige katholische Kirche machtbesessen, verlogen und durchsetzt von Pädophilie, Homophobie, Misogynie.
Diese Leute versuchen, in einer Welt ohne Gott selig zu werden. Sie haben das Verhältnis von Schöpfer und Schöpfung umgekehrt. Gott ist für sie eine Projektion, ein Fantasiegebilde, das Menschen sich ausgedacht haben, weil sie sich nach einer höheren Autorität sehnen.
Aber woher kommt diese Sehnsucht? Und wohin mit ihr? Auch Menschen, die Gott aus ihrem Leben gekippt haben, halten noch einen Schnorchel in heilige Sphären, indem sie manchmal eine Kirche besuchen oder ihr Kind taufen lassen oder vegan leben, mit religiös anmutender Inbrunst.
Die Lücke
In einer Welt ohne Gott klafft offenbar eine Lücke. Jeder spürt sie, jeder füllt sie, irgendwie. Wäre eine Welt ohne Lücke eine bessere Welt? Und wo befände sich die Welt, wenn es um sie herum keine Lücke gäbe? Ist eine Welt ohne Lücke gar nicht denkbar?
Es gibt keine richtigen Antworten auf diese Fragen. Aber zum Glück gibt es diese Fragen. Denn wie trostlos wäre eine Welt, in der man nach einem Tag wie gestern nicht über Gott und die Welt grübeln könnte. Alles wird gut.
Ursula von Arx fühlt sich kaum von letzten Fragen geplagt. Aber es erfüllt sie mit Zuversicht, dass sie das Rätsel Gottes in den Tod mitnehmen wird. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im Blick.