DIE Reichen. Neuerdings werden sie mit bestimmtem Artikel eingekreist, als handle es sich um eine Gruppe finsterer Gesellen. Während alle möglichen Minderheiten gehätschelt werden, ist es zum Sport des Polit- und Medienbetriebs geworden, DIE Reichen an den Pranger zu stellen. Die unterschwellige Botschaft: Wenn sich DIE Reichen vom Rest der Gesellschaft verabschiedet haben, müssen sie sich nicht wundern, wenn sich der Rest auch von ihnen verabschiedet.
Diese Art des Reichen-Bashings ist so billig wie jedes andere Minderheiten-Bashing – nur kommt noch der Neid-Populismus hinzu. Meister in der Bewirtschaftung stammesgesellschaftlicher Gefühle sind die Jungsozialisten (Juso). Sie tun hip, aber sie setzen gerne auf die niederen Instinkte. Ihre immergleiche Erzählung: Die oberen 1 Prozent mästen sich an ihrem Reichtum, derweil die 99 Prozent täglich um ihr Auskommen kämpfen.
Keine Schatztruhen im Keller
Nun warten sie mit einer neuen Volksinitiative auf, die den «Bauchstalinismus» (Soziologe Kurt Imhof) auf die Spitze treibt: Wir holen uns von DEN Reichen, was uns zusteht. Erbschaften von über 50 Millionen Franken sollen mit 50 Prozent besteuert werden, und das abgezwackte Geld soll zur Bewältigung der Klimakrise eingesetzt werden. Grossartig – oder bloss grossmäulig?
Wer sind die allermeisten Leute, die über mehr als 50 Millionen Franken Vermögen verfügen? Unternehmer. Und die haben keine Schatzkiste im Keller, an der sie sich ergötzen. Die Juso pflegen ein Onkel-Dagobert-Bild der Wirtschaft: DIE Reichen schwimmen in den Goldtalern, die sie von den Arbeitern geklaut haben.
Stimmt nur leider nicht. Unternehmer sind illiquide, da ihr meistes Geld in ihren Firmen steckt. Sie fahren hohes Risiko, weil sie jederzeit alles verlieren können. Aber ja, im besten Fall erzielen sie Wertschöpfung. An wen fliesst der allermeiste Teil dieser geschöpften Werte? Zu den Mitarbeitern als Einkommen! Ein Teil geht als Reserven ans Unternehmen, ein Teil als Dividenden, klar, auch an die Eigentümer – und ein Teil in Form von Steuern an den Staat.
Verrückte im Dienst von allen
Vererbt wird also nicht eine Schatztruhe, sondern eine Firma, ergo Wertschöpfung und damit Volkseinkommen und Steuersubstrat. Und das zu erhalten oder gar auszubauen, ist eine Herkulesaufgabe auch für die neuen Eigentümer. Unternehmer wachsen nicht auf Bäumen. Gäbe es diese Verrückten nicht, die auf eigenes Risiko das Business der Wertschöpfung für alle betreiben, man müsste sie erfinden und extra bezahlen.
Die Juso übertreffen sich selbst. Sie stellen sich mit ihrer Initiative tatsächlich gegen alle: 1 + 99 = 100. Was für eine Leistung!
René Scheu ist Philosoph und Geschäftsführer des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern. Er schreibt jeden zweiten Montag im Blick.