Wer erinnert sich an Greta Thunberg? Täglich ging das Konterfei der Schulverweigerin und Klimaaktivistin um die Welt. Sie war beim Papst, Arnold Schwarzenegger hing an ihren Lippen, Ursula von der Leyen liess sich mit ihr ablichten, sie war mit ihren Tiraden die grosse Attraktion des WEF in Davos («Ich will, dass ihr in Panik geratet»). Alle klatschten. Doch so laut es noch vor kurzem zuging, so still ist es heute. Da war was, aber was war da genau?
Es war einmal eine Klimabewegung der Jungen – Fridays for Future. Wer sie verfolgte, gewann den Eindruck, die Initiative sei weltweit erfolgreich und breit abgestützt, mit Greta an der Spitze. Und vor allem: die Bewegung sei unaufhaltsam. In Wahrheit war es eine Aktion von Privilegierten, also von Gymnasiasten, Studenten und Lehrern in den Hochburgen des Wohlstands. Den jüngsten Aufrufen zum Klimastreik folgten nur mehr wenige Klimabewegte. Doch es klang umso schriller: Klimaradikalinskis haben die Bewegung gekapert.
Die Realisten gehen vergessen
So zeigt auch diese Bewegung das immer gleiche Antlitz: Überdruss am System, böser Kapitalismus, die emporgestreckte Arbeiter-Faust als Symbol. Es geht nicht mehr um die Bewältigung der menschengemachten Klimaerwärmung, sondern wieder mal um einen Sturz der herrschenden Ordnung. Nicht um Ideologiekritik, sondern um Ideologie.
Die Schüler waren idealistisch bewegt – sie setzten auf Wissenschaft, Weltklimarat und freiwilligen Verzicht. Nun kommt die zweite Runde – jene der Verbotseuphoriker und Gewaltfantasten, die das System stürzen wollen. Nun ja. Vergessen gehen dabei die Realisten: weder Verzicht noch Verbot, sondern Innovation.
Was das Smartphone einspart
Die gute Nachricht ist: In den avancierten Gesellschaften haben sich Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch voneinander entkoppelt. Aus immer weniger Metallen und Energien generieren sie immer mehr Wohlstand, die in der Schweiz emittierten Treibhausgase gehen seit Jahren zurück. Die Landwirtschaft produziert auf geringerer Fläche mehr hochwertigere Bioprodukte, und ein einziges Smartphone spart Dutzende Geräte vom Radio bis zum Taschenrechner ein.
Das kapitalistische System aus Märkten, in denen ökobewusste Konsumenten entscheiden, und Innovationen der Umwelttechnik, die dank Wettbewerb erzeugt werden, ist die Lösung. Und nicht das Problem! Der Ökonom Andrew McAfee hat dafür eine treffende Formulierung gefunden: Innovative Gesellschaften machen «mehr aus weniger».
Alles gut? Keineswegs. Niemals. Sonst gäbe es für uns nichts mehr zu tun. Denn Leben ist Problemlösen. Erstaunlich, wie gut wir das können – ganz ohne Ideologie.
René Scheu ist Philosoph und Geschäftsführer des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern. Er schreibt jeden zweiten Montag im Blick.