BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld stellt 9 Amerikaner und ihre Meinungen vor
Trump oder Biden? Die Wahl ihres Lebens

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute geht es um neun Amerikaner, die über die Wahl ihres Lebens sprechen.
Publiziert: 04.09.2020 um 04:36 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2020 um 15:45 Uhr
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Nicola Imfeld, USA-Korrespondent der Blick-Gruppe
Foto: Zvg
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Heute in exakt zwei Monaten sollten wir den US-Präsidenten für die kommenden vier Jahre kennen. Am 3. November stimmen die Amerikaner ab – läuft alles rund und ist das Ergebnis nicht zu knapp, dürfte der Sieger am Morgen des 4. Novembers feststehen. Die Kandidaten: Donald Trump (74) und Joe Biden (77).

In den vergangenen fast zwei Jahren habe ich an dieser Stelle mit meiner Kolumne «BLICK auf die USA» Woche für Woche das Polit-Geschehen kommentiert und analysiert. Heute möchte ich den Wählerinnen und Wählern das Wort geben. Für unseren wöchentlichen US-Wahlen-Newsletter (hier anmelden) habe ich Amerikaner aus den verschiedensten Bundesstaaten zwei Fragen gestellt: Welches Thema ist für Sie am wichtigsten? Wen werden Sie wählen?

Rehema Ally-Lifa (23) ist aufgewühlt. Die Studentin setzt sich seit Jahren für die «Black Lives Matter»-Bewegung ein. Der Tod von George Floyd (†46) hat sie schockiert. «Unser Land muss sich verändern», sagt Ally-Lifa. Es sei entscheidend, dass die Menschen dieses Jahr in Massen an die Urnen gehen, um den «systematischen Rassismus und Unterdrückung zu bekämpfen». Dass sie nicht für Donald Trump abstimmen wird, macht Ally-Lifa deutlich. «Wir brauchen einen Leader, der uns in ein Zeitalter des Neuanfangs führt.» Sie erwartet von ihrem Präsidenten, dass er sich mit dem systematischen Rassismus und der Polizeibrutalität gegen Schwarze auseinandersetzt und Reformen vorschlägt.

Gari Feldman (29) ist ein Republikaner. Der Mann aus Minneapolis im Bundesstaat Minnesota wählte 2012 Barack Obamas Herausforderer Mitt Romney und gab vor vier Jahren Donald Trump die Stimme. «Ich mag ihn als Person nicht wirklich, aber er überzeugt mich mit seiner Politik», sagt Feldman. Vor allem für seine «American First»-Politik stellt er Trump ein gutes Zeugnis aus: «Er hat seine Versprechen gehalten. Endlich haben wir einen Präsidenten, der unsere Interessen vertritt.» Bei den kommenden US-Wahlen geht es ihm vor allem um die Wirtschaft, die unter der Corona-Krise so sehr gelitten hat. «Denken Sie, Joe Biden kann uns wieder auf den richtigen Weg führen? Ganz sicher nicht! Das muss wieder Trump sein. Er hat in diesen vier Jahren bewiesen, dass er es kann.»


Shane O’Garro (40) beschäftigt derzeit nur ein Thema: die BLM-Proteste. «Als schwarzer Christ fällt mir das Leben diese Tage besonders schwer», sagt der Pfarrer einer Kirche nördlich von San Diego. «Ich habe gesehen, wie Rassisten das Wort Gottes benutzen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen.» Für die Situation macht er die Medien mitverantwortlich: «Es waren immer wieder Journalisten, die uns Afroamerikaner in den Abendnachrichten als Schläger und Mörder dargestellt haben.» Wie sich etwas ändern kann? «Wählt einen Präsidenten, der zu Rassismus nicht stumm bleibt, sondern offen dagegen ankämpft!»

Camden Jones (18) stammt aus einer erzkonservativen Familie. «Ich wurde in einer republikanischen Familie gross, habe die Werte dieser Partei verinnerlicht», sagt er. Als Beispiel nennt Jones, der im November zum ersten Mal wählen kann, seine Grosseltern. «Sie haben ein kleines Unternehmen. Wenn ein Republikaner Präsident ist, geht es ihnen finanziell besser. Dann müssen meine Grosseltern weniger Steuern bezahlen», erklärt Jones. Er selber sei aber kein Fan von Donald Trump und ist als Teenager in die Mitte des politischen Spektrums gerutscht. Jones wichtigstes Anliegen: die Umwelt. «Ich möchte einen Präsidenten, der das Thema ernst nimmt und aktiv etwas gegen den Klimawandel unternimmt.» Welchem Kandidaten er im November seine Stimme gibt, weiss Camden Jones noch nicht.

Sie* ist 27 Jahre alt, Kind einer Einwandererfamilie und identifiziert sich als «Queer». Melanie Viloria, geboren als Frau, will sich weder als weiblich noch männlich bezeichnen. In der englischen Sprache besteht sie auf eine gender-neutrale Anrede. Viloria engagiert sich seit Jahren in der amerikanischen LGBTQ-Bewegung. Als Direktbetroffene liegt ihr das Anliegen am Herzen. «Kein Mensch soll am Arbeitsplatz, im Krankenhaus oder an anderen alltäglichen Orten wie Restaurants aufgrund seiner Sexualität werden», sagt sie. Viloria wünscht sich deshalb einen Präsidenten, der sich für die Rechte der LGBTQ-Community einsetzt. Und: «Als Kinder einer Einwandererfamilie wünsche ich mir, dass Migranten eine einfache Struktur vorfinden, die es ihnen ermöglicht, Staatsbürger dieses Landes zu werden.»

*In der deutschen Sprache existieren keine gängige gender-neutrale Personalpronomen.

Ian Grabill (30) ist im Frühjahr mit seiner Jugendliebe nach Kanada ausgewandert. Doch auch im Exil mache er sich täglich Gedanken zur amerikanischen Politik, sagt Grabill. «Das werden sehr wichtige Wahlen werden», mahnt er. Die wichtigsten Aufgaben, die es seiner Ansicht nach für den Präsidenten zu lösen gibt? «Die Pandemie, die Wirtschaft und die Spaltung der Gesellschaft.» Grabill unterstützt weder Donald Trump noch Joe Biden. Er wird trotzdem für den demokratischen Herausforderer stimmen. «Wegen seiner Vize-Kandidatin Kamala Harris. Sie ist sehr intelligent und überzeugt mich.»

Chad Jones (39) will die BLICK-Leser vor allem eines wissen lassen: «Donald Trump ist mit grossem Abstand der beste Präsident, den ich je gewählt habe!» Der Familienvater aus dem Bundesstaat Tennessee hat auch schon für die Demokraten gestimmt, aber: «Trump ist perfekt für einen Bauarbeiter wie mich», sagt er. Der Unterschied sei, dass die Demokraten zwar nett reden, aber dann nichts umsetzen würden. Chad Jones: «Präsident Trump hat bereits enorm viel für uns gemacht. Stellen Sie sich vor, was er mit vier weiteren Jahren noch bewirken könnte.»

Amerika ist auf dem Weg zum Faschismus, sagt Al Wise (65) – ein Amerikaner, der sein ganzes Leben lang konsequent für die Republikaner gestimmt hat. Damit ist 2020 Schluss. «Dieses Jahr werde ich für Joe Biden stimmen. Ich glaube, dass Donald Trump eine Gefahr für unsere Demokratie darstellt», sagt Wise. Als Hauptgrund nennt der Rentner Trumps Rhetorik. «Sein einziger erklärter Plan für die nächsten vier Jahre ist es, an der Macht zu bleiben.» Al Wise will seinen Teil dazu beitragen, den amtierenden US-Präsidenten im November abzuwählen.

Jari Niskala (42) ist im Teenager-Alter von Finnland quer über den Atlantik nach Amerika gereist. Der IT-Unternehmer fand seine Liebe in Kalifornien und gründete eine Familie. Seit seinem ersten Tag in den USA verfolgt er die hiesige Politik, sagt Niskala. So schlimm wie jetzt sei es noch nie gewesen. «Egal was man von Joe Biden und Kamala Harris hält, Donald Trump ist keine Alternative. Der US-Präsident halt alles unternommen, um die Umweltmassnahmen zum Schutz unserer Länder und Gewässer abzubauen», sagt Niskala. Er stimme oft auch nicht mit Biden überein, aber: «Ich kann vertrauen, dass er das Land mit dem besten Wissen und Gewissen regieren wird. Das kann man von Trump nicht behaupten.» Viel Vertrauen in das politische System habe er ohnehin nicht, so Niskala. «Aber jetzt ist es wichtig, die Blutung zu stoppen», meint er mit Anspielung auf Donald Trump.

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US-Wahlen 2020

Am 3. November 2020 fanden in den USA die Präsidentschaftswahlen statt. Der amtierende Präsident Donald Trump konnte sein Amt nicht verteidigen. Herausforderer Joe Biden hat die Wahl für sich entschieden.

Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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