Wenn im Sport einer sagt: «Ich will Olympiasieger werden», bekommt er Applaus: Das ist die richtige Einstellung! In der Politik gilt das Gegenteil. Wer unter der Bundeshauskuppel mit hochfliegenden Ambitionen unterwegs ist, dem werden bald die Flügel gestutzt – zu viel Ehrgeiz wirkt verdächtig.
Dass der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch unbedingt Bundesrat werden will, könnte ihm in diesem Herbst endgültig zum Verhängnis werden. Seine Chancen praktisch begraben hatte Jositsch schon im letzten Dezember, als er gegen den Willen seiner Partei ins Rennen um die Nachfolge der zurückgetretenen SP-Magistratin Simonetta Sommaruga gestiegen war.
Gewählt wurde Elisabeth Baume-Schneider – doch viele Genossinnen und Genossen schworen insgeheim Rache: Jositsch hatte sich mit seinem vermeintlich asozialen Vorpreschen bei vielen Sozialdemokratinnen für alle Zeit unwählbar gemacht.
Heute hat Jositsch vor den Medien im Zürcher Volkshaus erklärt, weshalb er sich nun, da es um die Nachfolge des abtretenden Alain Berset geht, dennoch und gegen parteiinterne Widerstände abermals um einen Sitz in der Regierung bewirbt.
Und warum auch nicht? Sind denn Gestaltungsdrang, Durchhaltevermögen und der unbedingte Wille, Grosses zu erreichen, keine idealen Voraussetzungen, um dieses Land weiterzubringen? Bescheidenheit sei eine Tugend, heisst es gutschweizerisch. In der Politik gewinnt man damit allerdings selten. Die Schweiz benötigt mehr Jositschs – nicht weniger.