Fix zur Gesellschaft
Trauern mit der Post

Unsere Autorin geht gerne auf die Post. Sie fühlt sich dann so erwachsen – gleichzeitig staunt sie immer über die hässlichen Grusskarten am Ständer.
Publiziert: 17.07.2021 um 19:18 Uhr
Grusskarten können so hässlich sein. Wer kauft die?
Foto: Alexandra Fitz
Alexandra Fitz

Ich gehe gern zur Post. Es ist eine Art Hobby geworden. Früher war die Post für mich so etwas Erwachsenes, wo die Alten hingehen, um irgendwelche Dinge zu erledigen. Erwachsenen-Dinge: Rechnungen, Einzahlungen, Kontostand prüfen. Ich wartete draussen oder sah mir die Ständer mit Krimskrams an – auf der Post gibt es ja wirklich allerhand, und das ist es wohl auch, was mich fasziniert.

Am liebsten beobachte ich die Kunden. Die älteren Herren, die sich 100 Franken auszahlen lassen, die jungen Städterinnen, die das fünfte Zalando-Paket in dieser Woche zurückschicken, oder die Planlosen, die nicht wissen, dass sie ein Nümmerchen ziehen müssen, um dann auch irgendwann mal tatsächlich am Schalter stehen zu dürfen. Apropos Nümmerchen. Ich mag es gar nicht, wenn ich reinkomme, niemand ansteht, ich eine Nummer ziehen kann, es klingelt und ich schon an der Reihe bin. Das geht mir zu schnell. Ich will mich erst etwas umsehen. Im Kosmos Post.

Um dann kopfschüttelnd vor dem Kartenständer zu stehen. Fragen Sie sich auch manchmal, wer solche Grusskarten designt? Ist deren Aufgabe: so hässlich wie möglich? Schön abgetrennt warten die Karten in der Post in Kategorien, bis das ihnen zugeteilte Ereignis geschieht: Geburtstag, Hochzeit, Baby, Abschied, Danke, Genesung, Prüfung, Ruhestand, Trauer. Ich weiss nicht, wie oft ich schon vor solchen Ständern stand und einfach keine auswählen konnte. Karten, sorry, liebe Post, kauft man schon lange nicht mehr bei euch! Am schwierigsten finde ich es, eine Trauerkarte zu finden. Eine, die einen nicht noch trauriger macht, als man schon ist. Immer dieselben Sujets: Steine, Wasser, Kerzen, wehender Weizen. Und was da draufsteht! So eine Karte will man doch niemandem schenken, der gerade die schwerste Zeit seines Lebens durchmacht.

Meine Schwester erlaubte sich einmal den Scherz und schenkte mir so eine Trauerkarte zum 30. Geburtstag. Sie mögen das pietätlos finden, ich fand es witzig.

So, ich muss los. Zur Post!

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