Eine Freundin schreibt mir am Montag, dass sie «nichts gepennt» hat. Sie sei «total aufgedreht» gewesen. Ich antworte ihr, dass ich das kenne und auch oft habe. Vor allem sonntags. Ich tippe in unseren Chat: «Sonntag ist die doofste Nacht.» Sie bestätigt. Es sei bei ihr auch oft die Nacht von Sonntag auf Montag, die ihr Mühe mache. Sie fragt: «Ob das wohl je weggeht?! Wahrscheinlich, wenn wir pensioniert sind!»
Ja, woran liegt das, dass man sonntags oft wach im Bett liegt? Ich glaube, wir müssen ein paar Stunden zurückdrehen und beim Tag beginnen, denn ich vermute, der könnte das Problem sein. Meine Mutter erzählt immer wieder, dass sie als Kind jeden Sonntagmorgen zur Kirche musste. «Kinder» und «müssen» ist eh schon eine schwierige Kombination, und wenn dann noch «Sonntag» und «Morgen» dazukommen, ist es desaströs. Als Jugendlicher will man dann ausschlafen, muss sich aber irgendwann an den Familienfrühstücks- oder oft schon Mittagstisch quälen. Kommen im Laufe des Tages noch Verwandtschaftsbesuche dazu, wird der Sonntag zum Monster.
Auf dem Weg ins Erwachsenenleben leidet man am Tag des Herrn oft an einer postalkoholischen Depression. Am Abend davor fühlte man sich unabhängig, stark und überlegen. Konsequenzen? Fremdwort! Am nächsten Tag liegt man im Bett, mit Brummschädel, jede Lichtquelle schmerzt, man denkt an fettiges Essen oder an die Kloschüssel, schämt sich für unrühmliches Verhalten, verflucht sich selbst, fragt sich einmal mehr: Werde ich denn nie klüger? (Spoiler: Nein!). Hinzu kommt eben das Wissen, dass Sonntag ist, dass am Tag darauf die Woche wieder startet. Der Ernst des Lebens, dem man doch auf dem Weg in Erwachsenenleben so dringend versucht zu entkommen.
Und wie sind Sonntage, wenn man die 30 überschritten hat? Man kann meist doch nicht länger schlafen als unter der Woche. Man versucht zwar, noch etwas liegen zu bleiben, aber da geht einem schon durch den Kopf, was man in der Zeit alles erledigen könnte. Wenn man sich verabredet hat, nervt man sich, dass man auch das Wochenende so vollgepackt hat. Und wenn man nicht verplant ist, beschimpft man sich als faul, schaut den ganzen Tag Netflix und schleicht wegen des schlechten Gewissens dann doch noch eine Runde um den Block.
So, und jetzt soll mir mal einer sagen, wie man nach so einem Sonntag gut einschlafen soll?
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