Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist nie die richtige Zeit, um krank zu sein. Aber wenn etwas Wichtiges bei der Arbeit ansteht oder eine Hochzeit gefeiert wird oder die ganze Welt von einem Virus bedroht wird, ist es einfach noch etwas blöder zum «Umesüüche».
Wenn jemand in der jetzigen Zeit Erkältungssymptome hat, wird erwartet, dass er sich umgehend testen lässt. So wartet man in so einer aufgebauten Zelt-Lazarett-Station vor einem grossen Krankenhaus und beobachtet die anderen Patienten. Unweigerlich fragt man sich: Wer hat es? Nach dem Rachen- und Nasenabstrich – es gibt wahrlich Angenehmeres – wird man zur Hintertür in die Freiheit entlassen und wartet fortan auf das Ergebnis. Dann das E-Mail. Die Worte «negativ» waren noch nie so positiv.
Trotzdem, bei einem Reizhustenanfall steigt man lieber aus dem Tram, als von der Menge gelyncht zu werden. Wer hustet, steht unter Verdacht. Man überlegt sich sogar, das Testergebnis auf ein Shirt zu drucken, als Abwehrmechanismus.
Wieder zu Hause, folgt die Internetrecherche. Das führt dann zur Cyberchondrie. Klar weiss man, dass man nicht im Netz nach einer Diagnose suchen soll, denn am Ende hat man immer Krebs. Dann quetscht man den Apotheker aus, und wenn gar nichts hilft, geht man zum Arzt. Aber da nimmt einen keiner. Das erste Ärztehaus: «Wir nehmen keine neuen Patienten mit Erkältungssymptomen.» Beim zweiten heisst es, man müsse erst mit einem Arzt von ihnen am Telefon reden. Er beschliesse dann, ob man einen Termin bekomme. Dieses Telefonat kostet bereits. «Schon so 50 Franken.» Nein danke.
Bei der dritten Praxis gibt es einen Termin gegen das negative Ergebnis des Corona-Tests. Beim Eintreten hängt zwischen Desinfektionssprays ein grosser Zettel: Patienten mit Grippesymptomen werden inständig darum gebeten, nicht ohne Termin in der Praxis zu erscheinen. Kranke sind nicht willkommen, schon gar nicht in dieser Zeit.
Die Diagnose lautet übrigens: Wird wohl ein hartnäckiges Virus sein.