Es gibt doch so eine Art ungeschriebenes Gesetz, das besagt, dass man nichts Neues kocht, wenn Gäste kommen. Also schon frisch natürlich, aber ein Rezept, das man beherrscht, das man schon öfter zubereitet hat. Wegen des Stresspegels, wegen des Gelingens – und natürlich vor allem zum Wohl der Gäste.
Diese Regel habe ich letzte Woche endgültig über den Haufen geworfen. Immer wieder hatte ich mir vorgenommen, jede Woche mindestens ein neues Rezept auszuprobieren. Keine aufwendigen Menüs, auch kleine Dinge zählen. Beispiel Salatsauce. Das ist ja so eine Sache. Kann man mal eine, macht man die meistens unermüdlich und immer gleich. Und die Freunde, die einen für diese Sauce kennen, fragen auch jeweils: Machst du deine Salatsauce? Klar, für die ist sie speziell. Doch du isst sie jeden Tag. Daher darf man beim Öl-Essig-Gemisch ruhig mal etwas kreativer sein, finde ich.
Als die Freundin zu Besuch war, sagte ich gleich: «Also gell, dieses Rezept habe ich noch nie gemacht.» Was natürlich eine Art Vorwarnung war und mich vor einem allzu harschen Urteil schützen sollte. Noch etwas war anders als sonst: Das Essen war nicht fertig, als sie kam. Es war aber alles – wie es Köche so exquisit nennen – Mise en Place. Normalerweise bin ich nicht so der «Mise en Place»-Typ. Ich hole alles «vorzue» aus den Schränken, wiege ab oder auch nicht, schneide schnell Sachen zu, die schon lange in der Pfanne sein sollten, und die Küche sieht aus wie ein richtiger Werkplatz. Mich stört das nicht. Aber ich muss sagen, als alles so schön fertig und portioniert da lag – es war eine Augenweide.
Ich kochte, sie redete. Dass Frauen Multitasking können, ist schlicht gelogen. Das Essen schmeckte wunderbar. Frisch, nicht alt. Und wieder hatte ich ein neues Rezept gelernt. Mach ich es noch zwei, drei Mal, gehört es zum Repertoire und erweitert mein Koch-Portfolio.
Am Tag danach tat ich es schon wieder. Das Mise en Place war professioneller und beeindruckte den Gast. Und ich sagte zur Einleitung: «Also gell, dieses Rezept habe ich noch nie gemacht.»