Auf einen Blick
- Bialetti sucht einen Käufer, um Schulden zurückzuzahlen
- Nestlés Kapselsystem mitverantwortlich für die finanziellen Schwierigkeiten
- Alle vor dem Millennium geborenen Schweizer haben eine Bialetti-Geschichte
Die Caffettiera, Modell Moka Express, dieser italienische Kult-Kaffeekocher, der in jeder WG-Küche brodelt, soll ins Ausland verkauft werden. Herstellerin Bialetti braucht die Kohle, um Schulden zurückzuzahlen. Mitverantwortlich für das Drama soll ausgerechnet die Schweizer Firma Nestlé sein, die mit ihrem Kapselsystem dem Aluminiumkännchen seit Jahren das Wasser abgräbt. Pragmatisches Bünzlitum schlägt clevere Sexyness – es ist zum Heulen.
Gleichzeitig ist es halt wie bei allen lieb gewonnenen Dingen, die vom Fortschritt eingeholt werden: Jeder kennt sie, alle bedauern ihr Verschwinden – aber kaum jemand nutzt sie noch. Dabei haben vermutlich alle vor dem Millennium geborenen Schweizerinnen und Schweizer eine Bialetti-Geschichte zu erzählen.
Malheur am Morgen
Meine geht so: Als ich einst – leicht verkatert nach einer Studentenparty – den Mokka-Kocher der WG-Partnerin auf der heissen Herdplatte vergessen hatte, schmolz der Plastikgriff und verbreitete einen beissenden Gestank in der Küche.
Ersatz fand ich am Nachmittag bei Ikea. Ich stellte das Teil in den Schrank und dachte, die Sache sei damit erledigt.
Am nächsten Tag stand die Mitbewohnerin mit erhobenem Bialetti-Zeigefinger bei mir im Zimmer und hielt mir eine Standpauke über Billigkopien aus China. Nur eine Bialetti ist eine richtige Caffettiera, lernte ich damals. Dass der Design-Klassiker künftig tatsächlich aus China stammen könnten, ist eine bittere Pointe dieser Geschichte.