Autokraten-Party in Peking
Bitte schauen Sie richtig hin – oder gar nicht

Die Olympischen Spiele sind ein Treffpunkt für Schurkenregimes und ein Propaganda-Fest für China. Muss das sein?
Publiziert: 06.02.2022 um 09:47 Uhr
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Hat Chancen, die schlimmste Sportveranstaltung des Jahres zu werden (aber die WM in Katar kommt ja noch): Olympiade in Peking.
Foto: keystone-sda.ch
Fabienne Kinzelmann

Die Spiele sind eröffnet. In den nächsten zwei Wochen messen sich in Peking die besten Sportlerinnen und Sportler der Welt im möglichst schnellen oder möglichst kunstvollen Bewegen auf Schnee und Eis.

Neben den sportlichen Höchstleistungen lohnt sich in diesem Jahr besonders der Blick auf die Zuschauertribüne.

Dort haben sich zur Eröffnung neben Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping unter anderen Russlands Staatschef Wladimir Putin und dessen kasachischer Amtskollege Kassym-Schomart Tokajew versammelt. Der eine zündelt an der ukrainischen Grenze, der andere liess gerade erst wieder Proteste gewaltsam einhegen. Belarus’ Lukaschenko und Nordkoreas Kim Jong Un schickten wegen Corona und «feindlicher Mächte» zwar nur enthusiastische Grüsse, sonst ist die Crème de la Crème der Schurkenregimes aber ziemlich vollständig. Eine Autokraten-Party vom Feinsten.

Demokratische Regierungen wie die USA, Kanada oder Grossbritannien boykottieren die Spiele. Auch vom Bundesrat fährt niemand hin – offiziell allerdings wegen der Pandemie. Besser wäre es gewesen, Bern hätte sich klar gegen den Austragungsort positioniert, statt sich mit Verweis auf Corona rauszuwinseln. Die Verletzung von Menschenrechten zu benennen, verletzt die Schweizer Neutralität nicht.

Die Olympischen Spiele sind nicht unpolitisch, waren es nie. Trotz Internierungslagern in der muslimisch geprägten Region Xinjiang, Unterdrückung in Hongkong und Tibet, den Drohgebärden gegen Taiwan oder dem Fall der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai darf Peking im künstlichen Wintermärchen eine gigantische Propaganda-Show fahren.

Dadurch, dass das Olympische Komitee (IOC) die Spiele an Staaten wie China vergibt, gefährdet es die Athletinnen und Athleten, um die es in allererster Linie geht. Für sie ist ein Boykott schlicht nicht praktikabel. Sie dürfen ihre Meinung auf IOC-Anweisung nicht frei äussern und sind praktisch Wildfleisch für den Zugriff eines autoritären Regimes: «My 2022», die Pflicht-App für Sportler, wurde bereits als Spionagesoftware enttarnt.

So rum gesehen: Mit ein bisschen Glück für IOC-Präsident Thomas Bach ist Olympia 2022 nicht die schlimmste Sportveranstaltung des Jahres. Die WM in Katar kommt ja noch.

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