Die Welt hält weiter den Atem an. Noch immer stehen über 100'000 kampfbereite russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine. Noch immer laufen die Drähte der Diplomatie heiss. Eine Einigung zwischen Russland und den Nato-Staaten scheint allerdings nicht in Sicht.
Der Kreml duldet weiterhin keine Nato-Truppen an seinen Grenzen, schon gar nicht in der Ukraine. Der Westen aber will weder auf eine Osterweiterung des Verteidigungsbündnisses verzichten, noch zieht er Streitkräfte aus den östlichen Bündnisstaaten ab. Die Angst vor einem Krieg wächst. Noch am Freitag warnte US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat mit dem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyi, Russland könne noch im Februar einmarschieren.
Xi Jinping bezeichnet Putin als «alten Freund»
Eine verzwickte Lage, die auch für China zunehmend unbequem ist. Denn am 4. Februar beginnen die Olympischen Winterspiele. Und sie sind schon jetzt von politischen Boykotts überschattet. Demokratische Staaten wie USA, Kanada, Australien, Japan, Grossbritannien, Dänemark, Litauen und Estland wollen keine politischen Repräsentanten zur Eröffnungsfeier nach Peking schicken – aus Protest gegen die Menschenrechtsverletzungen im Land.
Ein Krieg im Osten Europas würde den glanzvollen Auftritt der aufstrebenden Supermacht China endgültig verderben. Daher, so vermuten Analysten gegenüber Bloomberg, wird Wladimir Putin keinen Einmarsch in die Ukraine wagen, solange die Olympiade läuft. Denn China ist der mächtigste Verbündete der Russen und ein starker Handelspartner. Dessen Präsident Xi Jinping bezeichnete Putin noch Mitte Dezember 2021 als «alten Freund». Der würde der Kreml-Chef wohl auch bleiben wollen, meinen die Experten. Putin plant jedenfalls, der olympischen Eröffnungsfeier am 4. Februar demonstrativ beizuwohnen.
Panzer könnten im Schlamm versinken
Während einer Pressekonferenz am 14. Januar 2022 erinnerte der Sprecher des chinesischen Aussenministeriums an die traditionelle olympische Waffenstillstandsresolution der Vereinten Nationen, die sieben Tage vor Beginn der Olympischen Winterspiele bis sieben Tage nach dem Ende der Winter Paralympics andauere. Das würde bedeuten: Bis zum 27. März 2022 müsste der Kreml-Chef die Füsse stillhalten.
Militärisch-strategisch würde die Pause den Einmarsch erschweren. Denn Russlands Panzer rollen am besten über vereisten Boden. Im Frühjahr jedoch taut es und dann würde das schwere Gerät im Schlamm versinken.
Ukraine-Konflikt auch Thema beim Uno-Sicherheitsrat
Unterdessen geht das Säbelrasseln weiter. Während die USA mit einem Antrag zum Ukraine-Konflikt den Uno-Sicherheitsrat bemühen, fordert der russische Aussenminister Sergei Lawrow von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Antworten auf Fragen zur Sicherheit in Europa.
«Wenn unsere Versuche, gegenseitig annehmbare Prinzipien einer Gewährleistung der Sicherheit in Europa zu vereinbaren, kein Ergebnis bringen, dann werden wir Massnahmen ergreifen», warnt Lawrow. Der Westen droht bei einem Truppeneinmarsch mit schweren Sanktionen. Und, wie US-Präsident Joe Biden gegenüber dem ukrainischen Regierungschef Wolodymyr Selenskyj wiederholt betonte, man werde die Ukraine militärisch und finanziell unterstützen. US-Truppen stünden schon bereit.