Es ist nicht Chuchichäschtli, Müesli oder Rösti
Dieses Schweizer Wort wird auf der ganzen Welt verwendet

Das Ausland amüsiert sich oft über den Schweizer Dialekt. Dabei gibt es einen Schweizer Begriff, der in vielen Sprachen gebräuchlich ist – ohne, dass es jemand weiss. Und nein, es ist nicht Müesli.
Publiziert: 13.12.2024 um 14:20 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2024 um 14:31 Uhr
1839 probt die Zürcher Landbevölkerung den Aufstand gegen die Regierung. Der «Züriputsch» fordert 15 Tote und geht in die Geschichte ein. Im Bildhintergrund sind die Fraumünster-Kirche und das Hotel «Baur en Ville» zu erkennen.
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Valentin RubinRedaktor Service

Donald Trumps Anhänger versuchten es im Januar 2021. Und im Juni 2023 wagte es der Anführer der russischen Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin (1961–2023). Sie planten einen schnellen, gewaltsamen Vorstoss. Sie wollten die Herrschenden stürzen und selbst die Macht übernehmen. Sie planten einen Putsch.

Was viele nicht wissen: Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Schweizerdeutschen und ist neben Chuchichäschtli, Müesli und Rösti eines der wenigen Wörter aus dem Schweizer Dialekt, das in viele Sprachen Eingang gefunden hat. 

Foto: Shutterstock

Im Gegensatz zu den genannten Beispielen handelt es sich beim «Putsch» jedoch nicht um eine Eigenheit des Schweizerdeutschen, über das sich das Ausland gerne lustig macht. Sondern um einen politischen Begriff, der heute weltweit verwendet wird. Im Zürcher Dialekt aus dem 19. Jahrhundert bedeutet Putsch genau das, wonach es klingt: ein Zusammenprall, Knall oder Stoss. Man «putscht» mit jemandem zusammen.

Bewaffneter Aufstand gegen Kantonsregierung

Ein solcher Zusammenprall ereignet sich am 6. September 1839 unweit der Limmat. Um7 Uhr morgens wird der Zürcher Paradeplatz von 2000 Aufständischen gestürmt. Die Kantonsregierung hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits seit Stunden im dortigen Posthof verschanzt. Die Meute, bewaffnet mit Mistgabeln, Sensen und Hellebarden, ist gekommen, um sie zu stürzen.

Schon am Abend zuvor hat sich der Aufstand in Pfäffikon im Zürcher Oberland formiert. Angeführt wird er von Pfarrer Bernhard Hirzel (1807–1847). Die Aufständischen auf dem Land stören sich an der liberalen Kantonsverfassung. Sie sehen die Stellung der Kirche bedroht, haben Angst um ihre bäuerlichen Traditionen und fühlen sich von der Regierung und von den Städtern im Stich gelassen.

Hier «le putsch», dort «the putsch»

Sie erzwingen einen Zusammenstoss, eben einen Putsch. Dieser kostet 14 Aufständische und ein Mitglied des Regierungsrates das Leben. Die Zürcher Regierung dankt ab, die Aufständischen feiern dies als Erfolg. Langfristig bleibt der Aufstand aber wirkungslos.

Oberst Sulzberger, der Kommandant der Zürcher Truppen, flieht nach dem «Züriputsch» verkleidet als Frau nach Baden. Er sitzt verschleiert in der Kutsche, erkennbar an seinem Schnauz.
Foto: Schweizerisches Nationalmuseum

Die Ereignisse erhalten im Ausland viel Aufmerksamkeit. Deutsche Zeitungen berichten vom «Züriputsch». In Frankreich und England ist in der Berichterstattung bald von «le putsch» oder «the putsch» in der Schweiz die Rede.

Geputscht wird weltweit

In den Jahrzehnten nach 1839 verselbständigt sich der Begriff. Adolf Hitlers Versuch, 1923 im Bürgerbräukeller in München mit den Nationalsozialisten an die Macht zu kommen, geht als «Hitlerputsch» oder «Bierkellerputsch» in die Geschichte ein. Die Ereignisse verhelfen dem Schweizerdeutschen Wort zum globalen Durchbruch.

Am 9. November 1923 versucht Hitler in München, sich an die Macht zu putschen. Der Umsturzversuch scheitert zwar, er verhilft dem späteren Diktator und seinen Nationalsozialisten aber zu grosser Bekanntheit.
Foto: Universal Images Group via Getty Images

Als sich Teile des französischen Militärs 1958 und 1961 dafür einsetzen, dass Algerien weiterhin ein Teil Frankreichs bleiben soll, begehren sie gegen die Regierung in Paris auf. Der Widerstand scheitert beide Male und das nordafrikanische Land wird 1962 unabhängig. Die Ereignisse finden als «putsch d'Alger» und als «putsch des généraux» (zu Deutsch: Putsch der Generäle) Eingang in die französischen Geschichtsbücher.

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