«Wir feiern beide Kulturen»
Claudio Sandri (40), Gastronomieleiter, lebt in Singapur, kommt aus Lugano TI
Der Schweizer Nationalfeiertag und der von Singapur finden in derselben Woche statt. Darum feiern meine singapurische Frau, unsere zwei Kinder und ich mit einer Kombination von beiden Kulturen – leider dieses Jahr aufgrund der Pandemie im kleinen Rahmen. Alle helfen mit, das Raclette-Abendessen vorzubereiten, im Hintergrund läuft Radio Basilisk, denn ich wohnte lange in Arisdorf BL. Die Lieder erinnern meine Kinder an die Sommerferien in der Schweiz und die langen Fahrten von Basel nach Lugano oder St. Moritz. Wir singen und veranstalten eine Mini-Tanzparty. Dazu ziehen wir Schweizer Kleider an, hängen die Fahnen beider Länder auf und singen die Nationalhymne von Singapur.
«Trycheln bei 40 Grad im Schatten»
Heidi Soland (64), Rentnerin, lebt in Pinoso (Spanien), kommt aus Seon AG
Wir sind jetzt über ein Jahr hier, und den letzten 1. August werde ich nie vergessen. Es war 40 Grad im Schatten, und ich habe zehn Minuten lang getrychelt. Der Schweiss lief mir gefühlt literweise übers Gesicht. Wir haben zusammen mit Spaniern, Holländern, Engländern, Belgiern, Deutschen und anderen Schweizern den Geburtstag einer Schweizer Freundin gefeiert. Wir hatten ein richtig schönes Fest mit Lampions, 1.-August-Fähnli und Feuerwerk. Dieses Jahr hängen wir die grosse Walliser Flagge meines Mannes auf und natürlich wieder die Schweizer Fahne.
«Ohne Familie und Freunde ist der 1. August nicht dasselbe»
Jana Liechti (22), Studentin forensische Wissenschaften mit Kriminologie, lebt in London (Grossbritannien), kommt aus Beromünster LU
Eigentlich verbringe ich den 1. August immer in der Schweiz, denn er fällt mit dem Geburtstag meines Vaters zusammen, und den möchte ich bei meiner Familie feiern. Vor ungefähr drei Jahren jedoch konnte ich aufgrund meiner Arbeit London nicht verlassen. Das konnte ich nicht so stehen lassen und erkundigte mich zusammen mit meiner einzigen Schweizer Bekannten in London, was wohl in der Schweizer Kirche der Stadt am 1. August los ist. Als wir den Raum betraten, waren wir umgeben von Schweizerdeutsch sprechenden Menschen und einem intensiven Raclette-Geruch. Nach dem vielen guten Käse durfte auch ein kaltes Bier nicht fehlen. Dann kam das Highlight des Abends: ein Alphornkonzert. Als die Musik den Raum erfüllte, sah man nur noch schmunzelnde und zufriedene Gesichter in der Menge. Es war schön, sich mit anderen Schweizern treffen zu können – trotzdem ist der 1. August ohne Familie und Freunde einfach nicht dasselbe.
«Unsere 37 Huskys mögen kein Feuerwerk»
Martina (56) und Andreas (64) Ziltener, kaufmännische Angestellte und Automechaniker, leben in Aspliden (Schweden), kommen aus Wägital SZ
Wir zünden am 1. August keine Feuerwerke, sondern nur bengalische Kerzen. Nicht nur, weil wir in einem Waldgebiet wohnen und es momentan sehr trocken und heiss ist – sondern auch weil wir 37 Huskys haben, die den Lärm überhaupt nicht mögen. Viele Schweizer Kollegen sind mit der Fähre gekommen oder hierhergeflogen. Am Nationalfeiertag treffen wir uns auch mit den norwegischen und schwedischen Nachbarn auf Raclette und Fondue, das hat sich so eingebürgert. Ein Nachbar ist für uns übrigens alles in einem 20-Kilometer-Radius. Wir dekorieren mit Lampions und Fähnchen und sitzen gemütlich zusammen. Natürlich zeigen wir den Kollegen auch die Gegend – meist auf dem Quad und mit den Hunden.
«Gemütliches Beisammensein mit Freunden ist das Schönste»
Hansruedi (71) und Marianne (67) Moser, leben in Khao Tao (Thailand), kommen aus Bassersdorf ZH
Unseren 1. August feiern wir bei uns mit Freunden am Strand. Das kleine Insiderlokal, das von einem deutschen Ehepaar geführt wird, richtet unseren Nationalfeiertag immer sehr traditionell aus. Mit Cervelats und Bratwürsten, direkt am Strand über dem offenen Feuer selber grilliert. Dazu gibt es Kartoffel-, Hörnli- und grünen Salat. Die feinen und qualitativ sehr guten Würste kommen vom hier lebenden Schweizer Metzger Sämi. Ich muss es ja wissen, da ich (Hansruedi) selber Metzger und Wurstspezialist war. Ein gemütliches Beisammensein mit Freunden aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen, und dabei eine alte Tradition zu zelebrieren, ist für uns das Schönste. Und dann erst noch bei abendlichen 30 Grad.
«Halt so richtig schweizerisch»
Sven Müller (43), Chemotherapie-Abteilungsmanager, lebt in Sydney (Australien), kommt aus Zürich
Einfach weg aus der Schweiz, raus in die grosse weite Welt und neue Erfahrungen machen. So ging es mir. Doch das Heimweh kam schneller als gedacht. So informierten wir uns über traditionelle Schweizer Events. Etwa eine Stunde ausserhalb der Stadt findet jedes Jahr die 1.-August-Feier statt für Schweizer und ihre Familien und Freunde. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Ein Jodlerklub – angereist aus der Schweiz, Kafi Schnaps, Schümli-Pflümli, Cervelat und Bratwurst mit Härdöpfelsalat. Ziegen, Schafe, Kühe, Pferde und andere Streicheltiere für die Kinder. Halt so richtig schweizerisch. Am besten finde ich immer, dass ich da Aromat und Maggi-Würze kaufen kann. So wie letztes Jahr hatten wir eigentlich geplant, den 1. August bei meinem besten Freund Alain, ursprünglich aus Luzern, im Garten zu verbringen. Mit einem Feuer, Weisswein, Fondue und einem Kirsch. Da wir momentan im kompletten Lockdown sind, müssen wir jedoch auf eine Zoom-Feier ausweichen.
«Zentral ist ein Feuer zum Würstlibraten»
Ursula Anderson (62), Gärtnerin, lebt in Traralgon (Australien), kommt aus Aarau
Ich lebe seit 30 Jahren in Australien und habe zusammen mit meinem australischen Mann eine Tochter. Der 1. August ist eigentlich nur für mich weiterhin eine Tradition. Australier sind Weltmeister im Improvisieren, darum entsteht das Fest meist sehr spontan. Zentral ist ein Feuer zum Würstlibraten, Rösti aus dem Aldi, ein Kafi Schnaps und das Zusammensein mit Freunden – und natürlich auch der Stolz, eine Schweizerin zu sein. Die Stimmung ist, was zählt, und die Erinnerung an unsere Wurzeln. Das geht auch ohne Feuerwerke, die sind hier nämlich nicht erhältlich.