«Es war schon lang unser Traum mit den Kindern auf einem Segelboot zu leben», erzählt Oliver Zäch (42) im Gespräch mit Blick. «Wir wollten aus dem Alltag und dem gewohnten Trott ausbrechen und viel Zeit zusammen verbringen», fügt der zweifache Familienvater aus Hünenberg ZG an.
Zäch erinnert sich gern an seine eigene Kindheit. Zum Beispiel daran, wie er als Bub mit seinem Vater mit einem Kajak und einem Zelt eine Reise entlang der ligurischen Küste unternommen hat. «So etwas verbindet und bleibt für immer in Erinnerung.»
Der gelernte Schreiner war zuletzt als Leiter des Schulsozialdienstes im Oberfreiamt im Kanton Aargau tätig. Seine Ehefrau Liz Zäch (40) ist gebürtige Mexikanerin und verdiente vor der Auswanderung ihr Geld mit einer eigenen Eventfirma und als Fitnessinstruktorin.
Für den Traum vom Auswandern hat das Ehepaar lange gespart und viel gearbeitet. «Wir besassen ein kleines Segelboot auf dem Zugersee und waren an den Wochenenden mit unseren Kindern oft damit unterwegs. Für das geplante Abenteuer taugte unser Segelboot aber nicht», erklärt Zäch.
Occasion-Segelschiff neu ausgestattet
In einer Zeitschrift fanden Zächs ein passendes Angebot: Für 58'000 Franken kaufte die Familie ein Segelschiff, das im Hafen von Marmaris in der Türkei lag. Das Boot, eine Beneteau Oceanis 500 aus dem Jahr 1991, befand sich in gutem Zustand und verfügt über vier Schlafräume.
Rund 30'000 Franken haben Oliver und Liz Zäch zusätzlich in die erweiterte technische Ausstattung ihrer «Hardrock» investiert, damit sie praktisch autark und sicher über längere Strecken auf dem Meer unterwegs sein können.
«Wir haben das Boot mit einem neuen Radar, neuer Elektronik, Solarpaneels, neuen Segel und einer Entsalzungsanlage für Süsswasser an Board ausgestattet», erzählt Oliver Zäch. 2019 brach die Familie dann mit dem Segelschiff auf ihr Abenteuer auf.
Schulunterricht auf dem Schiff
Um während der Schiffsreise die Grundkosten zu decken, vermietet Familie Zäch ihre Eigentumswohnung in Hünenberg. Einen kleinen Nebenverdienst erzielen sie zudem mit ihrem Youtube-Kanal «familiaporelmundo».
Von der obligatorischen Schule wurden Atl (11) und Lou (6) abgemeldet. Die Kinder werden von ihren Eltern auf dem Boot unterrichtet. «Neben der offiziellen Basisschullehrmittel des Kantons Zug, benutzen wir kostenloses Unterrichstmaterial aus dem Internet und Alltagssituationen und Orte als Lernstoff.»
Planänderungen wegen Corona
Während des Corona-Ausbruchs in Europa befanden sich Zächs gerade in Italien. Aufgrund der kritischen Lage und des Lockdowns «flüchteten» sie zu Verwandten in Mexiko und sassen dort mehrere Monate fest, bis die Grenzen wieder geöffnet wurden.
Erst im Juli 2020 konnten sie wieder in Italien einreisen und sind zuerst rund um Sizilien gesegelt. Später dann wochenlang den Liparischen und Ägadischen Inseln entlang und im Herbst rund um Sardinien.
Regeln und Pflichten auch auf der Reise
«Wenn immer möglich segeln wir mit anderen Familien, die wir in Foren und den sozialen Medien finden, damit Lou und Atl auch Kontakt mit anderen Kindern haben», erzählt Liz Zäch. Dann wird es etwas enger im «Klassenzimmer» auf dem Boot und die Kinder lernen gemeinsam.
Neben Deutsch und Spanisch sprechen die beiden Kinder auch Englisch. «Der Geist ist neugierig und das Alter der Kinder ist jetzt ideal», ist Oliver Zäch überzeugt und so lernen Lou und Atl täglich auf ihrer Abenteuerreise praxisnah.
Bei allem Abenteuer- und Ferienfeeling gibt es auch Regeln und Pflichten an Board. «Bei uns packen alle an, wenn es Arbeit auf dem Schiff gibt und Sicherheit hat immer Vorrang. Auf dem Vordeck unter Fahrt ist eine Sicherung Pflicht. Die Kinder sind immer gut gesichert, damit niemand über Board geht.»
Von mehr oder weniger schönen Überraschungen
«Jeder Tag auf unserer Reise ist eine Überraschung», erzählt die Mutter. Zum Beispiel, wenn die «Hardrock» auf dem Meer von Delfinen begleitet wird.
Weniger schön ist es, wenn ein Segel reisst oder der Keilriemen ersetzt werden muss. «Handwerkliches Geschick ist für eine solche Reise sicher hilfreich und spart Kosten» sagt der Vater, der nötige Reparaturen selber vornehmen kann.
Um Kosten zu sparen, sucht die Familie auch immer wieder schöne Buchten zum Ankern. «Damit fallen die zum Teil hohen Hafengebühren weg.»
Mit dem Südwind zum nächsten Etappenziel
Seit diesem Frühling sind Zächs wieder in Sizilien und haben ihr geliebtes Segelschiff wieder. Eigentlich wollte die Familie dann nach Nordafrika segeln und vor dem Winter doch endlich über den Atlantik in die Karibik mit ihrer «Hardrock».
«Planen und Reisen, das passt für uns aber irgendwie nicht zusammen. Darum nehmen wir es jetzt wie es kommt und lassen uns überraschen», so der Familienvater lachend.
Ob die Abenteuerreise dann wie ursprünglich geplant nach etwa drei Jahren endet, ist daher offen und auch ob die Familie dann wieder in der Schweiz oder eventuell in Mexiko leben will, ist noch unklar. Sie lassen sich vom Wind treiben. «Der Südwind ist gut und von Sizilien bis zum nächsten Etappenziel Sardinien, sollten wir es in etwa 36 Stunden schaffen.»