Schmuck mitnehmen, Rechnungen zahlen, etc.
Achtung, diese vier Handlungen gelten als Erbannahme

Nach dem Tod eines Familienmitglieds bleiben drei Monate Zeit, um das Erbe auszuschlagen. Aber Achtung: Bestimmte Handlungen gelten rechtlich bereits als Erbantritt. Besonders heikel: Die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft ist unwiderruflich.
Publiziert: 12:52 Uhr
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Aktualisiert: 16:32 Uhr
Nur eine Rechnung bezahlt – und unbeabsichtigt die Schulden des verstorbenen Vaters angenommen.
Foto: Shutterstock

Darum gehts

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Olivia RuffinerRedaktorin

Das Wort «erben» stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet so viel wie «bekommen» oder «erhalten». Doch anders als früher muss man sich heute aktiv um ein Erbe kümmern. Viele Menschen gehen fälschlicherweise davon aus, dass sie im Erbfall automatisch informiert werden. «Wir erleben es im Beobachter Beratungszentrum oft, dass Personen gewartet haben, bis eine Behörde sie kontaktiert», sagt Karin von Flüe, Juristin und Autorin beim Beobachter.

Im Schweizer Erbrecht gilt die sogenannte Holschuld: Das bedeutet, dass sich Erben selbst um ihr Erbe kümmern müssen. Zudem wird das Erbe automatisch angenommen, wenn es nicht rechtzeitig ausgeschlagen wird. Die Frist zum Ausschlagen des Erbes beträgt drei Monate ab Kenntnis vom Erbfall für gesetzliche Erben und drei Monate nach amtlicher Mitteilung für eingesetzte Erben. Eingesetzte Erben sind Personen, die nicht zur gesetzlichen Erbfolge gehören, aber in einem Testament als Begünstigte genannt sind. 

Gesetzliche Grundlagen im Erbrecht

Der dritte Teil des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) definiert die gesetzlichen Erbanteile für die Angehörigen der verstorbenen Person. Das Erbrecht wurde per 1. Januar 2023 revidiert. Folgende Anteile sind gesetzlich verankert:

Verheiratet mit Kindern
50 Prozent des Nachlasses gehen an den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin (Ehe oder eingetragene Partnerschaft, nicht aber Konkubinat). Die weiteren 50 Prozent gehen an die Kinder beziehungsweise an deren Nachkommen.

Verheiratet ohne Kinder
75 Prozent des Nachlasses gehen an den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin (Ehe oder eingetragene Partnerschaft, nicht aber Konkubinat). 25 Prozent gehen an die nächsten Verwandten oder deren Nachkommen (Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen).

Unverheiratet mit Kindern
100 Prozent des Nachlasses gehen an die Kinder oder deren Nachkommen.

Unverheiratet ohne Kinder
100 Prozent des Nachlasses gehen an die Eltern oder deren Nachkommen. Falls die Eltern bereits tot sind und ihrerseits keine weiteren Nachkommen haben, gehen 100 Prozent an die Grosseltern. Wenn weder Eltern noch Grosseltern noch Geschwister noch am Leben sind, gehen 100 Prozent des Nachlasses an die Gemeinde oder den Kanton.

Wichtig: Bei den gesetzlichen Anteilen ist der Erblasser oder die Erblasserin verpflichtet, den Angehörigen mindestens 50 Prozent ihres gesetzlichen Anteils zuzugestehen (Pflichtanteile). Über die weiteren 50 Prozent der jeweiligen Anteile kann der Erblasser oder die Erblasserin frei verfügen.

Der dritte Teil des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) definiert die gesetzlichen Erbanteile für die Angehörigen der verstorbenen Person. Das Erbrecht wurde per 1. Januar 2023 revidiert. Folgende Anteile sind gesetzlich verankert:

Verheiratet mit Kindern
50 Prozent des Nachlasses gehen an den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin (Ehe oder eingetragene Partnerschaft, nicht aber Konkubinat). Die weiteren 50 Prozent gehen an die Kinder beziehungsweise an deren Nachkommen.

Verheiratet ohne Kinder
75 Prozent des Nachlasses gehen an den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin (Ehe oder eingetragene Partnerschaft, nicht aber Konkubinat). 25 Prozent gehen an die nächsten Verwandten oder deren Nachkommen (Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen).

Unverheiratet mit Kindern
100 Prozent des Nachlasses gehen an die Kinder oder deren Nachkommen.

Unverheiratet ohne Kinder
100 Prozent des Nachlasses gehen an die Eltern oder deren Nachkommen. Falls die Eltern bereits tot sind und ihrerseits keine weiteren Nachkommen haben, gehen 100 Prozent an die Grosseltern. Wenn weder Eltern noch Grosseltern noch Geschwister noch am Leben sind, gehen 100 Prozent des Nachlasses an die Gemeinde oder den Kanton.

Wichtig: Bei den gesetzlichen Anteilen ist der Erblasser oder die Erblasserin verpflichtet, den Angehörigen mindestens 50 Prozent ihres gesetzlichen Anteils zuzugestehen (Pflichtanteile). Über die weiteren 50 Prozent der jeweiligen Anteile kann der Erblasser oder die Erblasserin frei verfügen.

Versäumst du es, das Erbe innerhalb dieser Frist auszuschlagen, gilt es automatisch als angenommen. «Ratsuchende kontaktieren unsere Beratungsstelle, weil die Frist verstrichen ist», sagt von Flüe. Viele Erben nehmen die Erbschaft auf diese Weise an. Es gibt aber auch bestimmte Handlungen, die als Annahme der Erbschaft angesehen werden.

Diese Handlungen symbolisieren einen Erbantritt:

1

Vermögenswerte des Nachlasses an sich nehmen

Wenn du Wertgegenstände wie Schmuck aus der Wohnung des Verstorbenen mitnimmst, Möbel und andere Gegenstände in deine eigene Wohnung überführst oder Geld vom Konto des Verstorbenen abhebst, bevor die Erbschaft geregelt ist, kannst du das Erbe nicht mehr ausschlagen.

Die Bankkonten werden nach der Meldung des Todesfalls gesperrt, bis ein Erbschein eingereicht wird. Selbst Personen mit einer Vollmacht haben dann keinen Zugriff mehr.

2

Einmischung in Nachlassangelegenheiten

Reine Verwaltungshandlungen, die finanziellen Schaden vom Nachlass abwenden, wie zum Beispiel die Kündigung des Zimmers im Altersheim sind ok. Ebenso die Kündigung von Verträgen, das Auflösen von Abonnements, Miet- oder Versicherungsverträgen. Vorsicht aber beim Bezahlen von Rechnungen im Namen des Verstorbenen, oder bei der Fortführung des Unternehmens. 

Erst letztes Jahr im Februar wurde Blick der Fall von Martin Z.* (41) zugetragen. Nach dem Tod seines Vaters zahlte er die letzten Löhne an die Mitarbeitenden von dessen Einzelfirma aus – und nahm damit unbewusst das Erbe an. Dies bestand aus einem Schuldenberg in Höhe von 800’000 Franken. 

3

Verfügung über Nachlassgegenstände

Ein ähnlicher Fall ist der dritte Punkt, das Verfügen über Nachlassgegenstände. Das können Geldüberweisungen vom Konto des Verstorbenen sein oder der Verkauf von Gegenständen aus dem Nachlass. 

Vermietest du das Haus oder die Eigentumswohnung deines verstorbenen Angehörigen weiter, bevor über die Erbschaft verfügt wurde, giltst du ebenfalls rechtlich als Erbe. 

Karin von Flüe ist Rechtsanwältin und Autorin des Buches «Im Todesfall».
Foto: Paul Seewer
4

Rechtliche Handlungen

Bestimmte formale Schritte können ebenfalls als Erbantritt gelten. Wer beispielsweise Ansprüche gegen andere Erben geltend macht, erkennt das Erbe an. Das gilt auch, wenn du dich mit anderen Erben über die Verteilung des Erbes einigst.

Zuletzt kann die Bestellung eines Erbscheins als Annahme des Erbes betrachtet werden. Dieser dient als amtliche Bestätigung der Erbberechtigung. «Wer sich nur einen Überblick über die Vermögenswerte des Verstorbenen verschaffen möchte, sollte stattdessen eine Auskunftsbescheinigung beantragen, damit nimmt man nicht unbeabsichtigt das Erbe an», rät von Flüe. 

5

Was nicht als Erbantritt gilt

Neben dieser Auskunftsbescheinigung gibt es auch weitere Dinge, die nicht als Annahme des Erbes zählen. Du darfst zum Beispiel den Schlüssel der Liegenschaft an dich nehmen, um diese abzuschliessen. Auch sind alle Organisationsaufgaben und Kosten, die mit der Beerdigung verbunden sind, noch keine Bestätigung, dass du das Erbe annimmst. Zuletzt darfst du auch ein Inventar erstellen lassen, ohne dass du damit unbeabsichtigt das Erbe antrittst.

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