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Im Schatten des Ex-Partners
Wie das Rebecca-Syndrom Beziehungen bedroht

Wenn man es zulässt, dass die Liebesvergangenheit der Partnerin oder des Partners die Gegenwart beeinflusst, kann das Beziehungen zerstören. Paartherapeutin Johanna Friedli empfiehlt offenen Dialog und warnt vor Kontrollversuchen. Auch ein Frühwarnsystem kann helfen.
Publiziert: 11.12.2024 um 20:05 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2024 um 20:30 Uhr

Auf einen Blick

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Sieht sie besser aus als ich? Ist er besser im Bett? Verdient sie mehr? Hat er den besseren Humor? Vergleiche dieser Art gehören für viele Menschen dazu, wenn sie frisch mit jemandem liiert sind, und das erste Mal mit den Verflossenen ihrer neuen Liebe konfrontiert werden.

Problematisch sind solche Gedanken, wenn sie obsessive Züge annehmen und die Beziehung belasten. Bei dieser Art von extremer Eifersucht, die bis zu Stalking führen kann, spricht man vom sogenannten Rebecca-Syndrom. Die 5293 Frauen in der Schweiz, die Rebecca heissen, müssen sich aber keine Sorgen darüber machen, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. 

Stoff für Psychothriller

Die Bezeichnung des Syndroms geht auf den psychologischen Krimi «Rebecca» aus dem Jahr 1939 zurück, geschrieben von der britischen Autorin Daphne du Maurier (1907 – 1989), verfilmt von Alfred Hitchcock. Die Geschichte handelt von einer jungen Frau, die einen wohlhabenden Witwer heiratet und im Schatten seiner verstorbenen ersten Ehefrau steht, deren Perfektion unerreichbar scheint.

Die amerikanische Schauspielerin und Oscar-Gewinnerin Joan Fontaine (1917 – 2013) spielte in Alfred Hitchcocks Psychothriller «Rebecca» (1940) eine Ehefrau, die im Schatten der Witwe ihres Ehemanns steht. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Daphne du Maurier (1907 – 1989). as Rebecca-Syndrom ist nach dieser Story benannt.
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Eifersucht entstehe grundsätzlich durch den Vergleich mit anderen, sagt die Schweizer Psycho- und Paartherapeutin Johanna Friedli. Besonders tückisch sei dieses Gefühl, wenn es sich – wie beim Rebecca-Syndrom – auf die Vergangenheit beziehe. «Sie kann man weder verändern noch kontrollieren, was die Situation für Betroffene besonders belastend macht.»

Expertin für schwierige Lebenssituationen

Johanna Friedli (59) ist Psychotherapeutin und Paartherapeutin mit eigener Praxis in Zürich. Zu ihrem Fachgebiet gehören unter anderem Beziehungsprobleme, familiäre Schwierigkeiten und Lebenskrisen. Sie gibt Vorträge zu gesundheitlichen und psychologischen Themen und bietet Beratungen an für Spitäler, Verbände oder Behörden.

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Johanna Friedli (59) ist Psychotherapeutin und Paartherapeutin mit eigener Praxis in Zürich. Zu ihrem Fachgebiet gehören unter anderem Beziehungsprobleme, familiäre Schwierigkeiten und Lebenskrisen. Sie gibt Vorträge zu gesundheitlichen und psychologischen Themen und bietet Beratungen an für Spitäler, Verbände oder Behörden.

Friedli bezeichnet Eifersucht als Spiegelbild für den Selbstwert. «Mein Partner hat Glück, mich zu haben» – Menschen mit dieser Einstellung kämen nicht auf die Idee, sich weniger wert zu fühlen. Wer es tue, habe in der Kindheit vielleicht keine guten Bindungserfahrungen gemacht und Angst, den Partner zu verlieren. «Hier kann eine Psychotherapie helfen.» Viele Menschen sässen auch einfach dem gesellschaftlichen Ideal einer einzigen grossen Liebe des Lebens auf.

Das hat gemäss Friedli nicht zuletzt historische Gründe. Noch in den 50er-Jahren lag die Lebenserwartung in westlichen Ländern bei 65 bis 70 Jahren. Traditionell heiratete man früh und gründete eine Familie. «Es war also durchaus realistisch, dass man ein Leben lang mit derselben Partnerin oder demselben Partner zusammen war», sagt Friedli. 

Im Jahr 2020 kam «Rebecca» in einer neuen Version ins Kino. In den Hauptrollen Lily James (35, r.) und Armie Hammer (38).
Foto: imago images/Prod.DB

Heute, wo die Lebenserwartung bei rund 80 liege, und die Familienplanung flexibler gehandhabt werde, sei das anders. Dass man mit jemandem zusammenkomme, der zuvor noch nie eine Beziehung geführt hat, sei eher die Ausnahme. Wer eine romantisch verklärte Sicht auf Beziehungen habe, frage sich vielleicht, ob sein Partner die Liebe seines Lebens schon früher einmal gefunden hat und alles, was nachher kommt, nur noch ein Ersatz ist. «Vor allem, wenn der Partner eine langjährige Beziehung hinter sich hat.» 

Wichtig sei, dass man seine Gefühle artikuliere, sagt Friedli. Vom Partner darf man ein gewisses Einfühlungsvermögen erwarten. «Das Foto mit der Ex neben dem Bett muss jetzt wirklich nicht sein. Und man darf auch mal sagen, dass einem das in der Anfangsphase einer Beziehung zu viel Kontakt zur Ex ist.» 

Wem schreibt er da? Ein bisschen Eifersucht in Beziehungen ist kein Grund zur Sorge. Und man darf vom Partner auch ein wenig Feingefühl erwarten.
Foto: Getty Images

Der Partner kann sich empathisch zeigen, indem er etwas sagt wie: «Ich sehe, du leidest. Erzähl mir, warum du dich so unsicher fühlst in unserer Beziehung.» Oder: «Du musst dir keine Sorgen machen, ich bin mit dir zusammen und mit niemand anderem.» Zu viele Details aus früheren Beziehungen sollten nicht geteilt werden. «Es ist ja keine Beziehung zu Dritt.»

Schlampe vs. Göttin

Extreme Eifersucht im Stil des Rebecca-Syndroms sei daran zu erkennen, dass der Ex-Partner abgewertet oder idealisiert wird. «Wie konntest du mit so einer Schlampe zusammen sein?» Oder: «Ich werde nie das für dich sein können, was die Ex war.»

Häufig sei auch, dass Eifersüchtige den Partner kontrollieren und isolieren wollen. Sie verbieten ihm den Kontakt zu den Ex-Partnern und zu alten Freunden aus Angst, es könnte wieder zu einer Berührung mit einer früheren Beziehung kommen. «Hier muss man Grenzen setzen und dem Partner aus Selbstschutz ganz klar zu verstehen geben, dass man die Beziehung so nicht weiterführen kann.»


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