Auf einen Blick
Dein Partner hat seine Kaffeetasse wieder stehenlassen, obwohl du ihn gefühlt schon eine Million Mal darum gebeten hast, sein Zeug in den Geschirrspüler zu räumen. Du beginnst dir auszumalen, was seine Beweggründe sein könnten, und wirst dabei immer extremer: Es ist ihm egal. Er verlässt sich darauf, dass du ihm hinterherputzt. Wahrscheinlich lacht er insgeheim darüber, wie sehr du dich darüber aufregst. Du bist ihm egal.
Angestachelt von dir selbst, sagst du ihm jetzt mal richtig die Meinung. Er fühlt sich komplett überrumpelt und geht sofort in die Defensive. Dabei gibt es eigentlich eine einfache Möglichkeit, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen.
Wie, erklärt Terrence Real in seinem neusten Sachbuch «Us» (zu Deutsch: «Wir»), das bisher nur auf Englisch erhältlich ist. Der Bestsellerautor und renommierte Paartherapeut aus den USA hat auf Basis eines entwicklungspsychologischen Modells eine Vorgehensweise formuliert, mit deren Hilfe du explosive Situationen entschärfen kannst.
Dass die Theorie in der Praxis funktioniert, zeigt ein Erfahrungsbericht einer Autorin der «New York Times». Sie ging die vier Schritte durch, wenn ihr Mann zum Beispiel vergessen hatte, einzukaufen, und erfuhr so, dass er Dinge im Haushalt erledigte, von denen sie gar nichts wusste.
Diese vier Dinge musst du deinem Partner erklären:
Das habe ich gesehen und gehört
Beschreibe deinem Partner, in einem Satz, was passiert ist. Zum Beispiel: «Ich habe gesehen, dass du deine Kaffeetasse nicht in den Geschirrspüler gestellt hast.» Um bei den Fakten zu bleiben, empfiehlt Terrence Real, sich vorzustellen, was man in einem Video sehen könnte, wenn der Moment von einer Videokamera aufgenommen worden wäre. Es sei wichtig, sich so kurz wie möglich zu halten, schreibt Real.
So habe ich dein Verhalten interpretiert
Wenn du deinem Partner schilderst, welche Schlussfolgerungen du aus seinem Verhalten gezogen hast, beginnst du dich wahrscheinlich zu fragen, warum du so heftig reagierst. Vielleicht hat es mit Erlebnissen in deiner der Kindheit zu tun. Wenn du den Fokus auf dich richtest, nimmst du deinen Partner aus der Schusslinie. Zudem hilft es dir, zu erkennen, dass deine Beobachtungen womöglich nicht akkurat waren. Real: «Du übernimmst Verantwortung dafür, dass es eine Gedankenkonstruktion ist.»
Diese Gefühle hat das bei mir ausgelöst
Konzentrier dich auf deine Emotionen und beschreibe sie möglichst prägnant. Sage, wenn du wütend, verängstigt oder verletzt bist, und verzichte darauf, irgendetwas einzuordnen oder zu interpretieren. Das hilft dir gemäss Real, den Teil deines Hirnes zu beruhigen, der für impulsive Reaktionen verantwortlich ist. Du wirst vom «Kind» du einem «weisen Erwachsenen», wie Real es nennt.
Das würde mir helfen, mich besser zu fühlen
Du erklärst deinem Partner, was er tun kann, damit du dich in Zukunft nicht mehr so stark aufregst. Wenn Unordnung ein häufiger Streitpunkt ist, könntest du beispielsweise sagen: «Es würde mir sehr helfen, wenn du deine Socken nicht mehr herumliegen lässt.» Dieser letzte Schritt werde oft ausgelassen, sei aber der wichtigste, sagt Real. «Du kannst dich nicht beklagen, dass du etwas bekommst, wonach du nie gefragt hast.»
Indem du diese vier Phasen durchläufst, zeigst du deinem Partner statt Wut deine Verwundbarkeit und äusserst dennoch, was dir wichtig ist. Dein Partner wird wahrscheinlich dankbar für deine Offenheit sein und weniger schnell in die Defensive gehen.
Er hat aus einer bitteren Erfahrung gelernt
Du fragst dich vielleicht, warum du so viel Aufwand wegen einer «Lappalie» betreiben sollst. Weil es deine Beziehung massgeblich gefährden kann, wenn es immer wieder wegen derselben Dinge zu Streit kommt.
Beim umtriebigen amerikanischen Beziehungscoach für Männer, Matthew Fray, führte eine stehengelassene Kaffeetasse zuletzt sogar zur Scheidung. Das Buch, das er darüber schrieb, wurde zum Bestseller.