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Gefühle im Büro
Wie viel Privates ist erlaubt?

Wer allzu offen ist im Büroumfeld, macht sich unbeliebt. Bestsellerautorin Liz Fosslien plädiert für «selektive Verletzlichkeit» am Arbeitsplatz. In vier konkreten Schritten zeigt sie, wie sich die Balance zwischen Privatsphäre und Offenheit finden lässt.
Publiziert: 11.04.2025 um 09:07 Uhr
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Aktualisiert: 11.04.2025 um 09:25 Uhr

Darum gehts

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Jonas DreyfusService-Team

Soll ich meinen Kolleginnen und Kollegen erzählen, dass ich kurz vor der Scheidung stehe? Oder anders gefragt: Möchte ich, dass mir jemand im Büro so etwas anvertraut?

Fragen wie diese wirken banal, berühren aber ein grundsätzliches Thema: Wie viel Persönliches ist im Arbeitsalltag erlaubt – oder sogar nötig?

Altes Motto ist realitätsfremd

Lange galt eine klare Regel fürs Büro: Privates bleibt draussen. Wenn es nach Fachpersonen wie Liz Fosslien (39) geht, ist dieses Motto aus heutiger Sicht realitätsfremd. «Menschen sind emotionale Wesen – egal, unter welchen Umständen», schreibt sie in «No Hard Feelings», ihrem «New York Times»-Bestseller über Emotionen im Berufsleben.

Liz Fosslien ist Autorin, Illustratorin und Expertin für Arbeitsplatz-Kultur. Als solche hält sie erfolgreich Online-Vorträge (Bild).

Fosslien argumentiert, dass die moderne Arbeitswelt von uns verlangt, Gefühle nicht nur zuzulassen, sondern sie konstruktiv zu nutzen. «Aber die meisten von uns haben nie gelernt, wie das geht.»

Wer Gefühle im Arbeitsumfeld ignoriere, übersehe wichtige Hinweise und treffe schlechtere Entscheidungen. «Wir kommunizieren ungeschickt, spüren keinen Sinn mehr in dem, was wir tun, und brennen aus.»

Merke: Nicht alles, was dich wahnsinnig beschäftigt, ist für deine Kollegen gleichsam bedeutsam.
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Die grosse Herausforderung besteht laut Fosslien darin, die Balance zu finden zwischen angemessenem Teilen von Persönlichem und sogenanntem Oversharing (übermässigem Teilen).

Der Schlüssel liege darin, sich «selektiv verletzlich» zu zeigen. Und zwar in Situationen, in denen nicht geäusserte Gefühle Schaden anrichten könnten – bei einem selbst und bei anderen. Wie «Selective Vulnerability» geht, erklärt Fosslien in vier Schritten. 

1

Erkläre deine Gefühle

Wenn du versuchst, schlechte Laune zu überspielen, verraten dich Körperhaltung und Gesichtsausdruck meistens. Wenn du dann noch hörbar auf deiner Tastatur herumhämmerst, sorgt das zusätzlich für schlechte Stimmung. Deine Kolleginnen und Kollegen fragen sich, ob sie etwas mit deiner Gereiztheit zu tun haben. Wenn deine schlechte Laune nichts mit dem Job zu tun hat – sondern zum Beispiel damit, dass dein Kind am Morgen getrödelt hat –, reicht ein Satz wie: «Falls ich genervt wirke: Ich hatte einen anstrengenden Morgen.»

Wenn deine persönlichen Angelegenheiten deine Stimmung so verändern, dass dein Team irritiert ist, teilst du dich besser mit. Aber nicht allzu detailliert, bitte.
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2

Verstehe deine Gefühle

Wenn du zum Beispiel bei der Arbeit plötzlich alle um dich herum als nervig empfindest, halte einen Moment inne und probiere, der Ursache deiner Befindlichkeit auf den Grund zu gehen. Oft steckt etwas ganz Konkretes dahinter – zum Beispiel eine Deadline, die näher rückt und Druck aufbaut. In solchen Momenten hilft es, das offen anzusprechen. Du könntest deinen Kolleginnen und Kollegen mitteilen, dass du den Zeitplan im Blick hast – und vorschlagen, gemeinsam realistisch zu planen, damit das Projekt rechtzeitig fertig wird.

3

Versetze dich in andere hinein

Bevor du etwas Persönliches von dir preisgibst, versetze dich in die Person hinein, der du dich anvertrauen willst. Hast du das Gefühl, dass sie dich danach besser unterstützen kann – und deine Situation besser versteht –, dann sprich offen. Vielleicht fällt es dir gerade schwer, dich zu konzentrieren, weil ein Elternteil im Spital liegt. In einem solchen Fall kann ein kurzer Hinweis helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Aber wenn du auch nur einen Moment bei der Selbstbeantwortung der Frage zögerst, ob deine Offenheit zu mehr Klarheit führt, ist es besser, Persönliches für dich zu behalten.

Sieht dein Tischnachbar so aus, hat er gerade kein offenes Ohr für deine Sorgen und Nöten.
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4

Schätze die Lage richtig ein

Wenn dein Team seit Wochen Überstunden für ein Projekt macht, ist es nicht der richtige Moment, um ungefragt über persönliche Befindlichkeiten zu sprechen. Stattdessen könntest du dich an eine Person wenden, die besonders gestresst wirkt – und das behutsam ansprechen. Zum Beispiel, indem du vorschlägst, gemeinsam bei der Teamleitung anzufragen, ob sich eine Sitzung verschieben lässt, damit alle etwas mehr Luft haben. Mitgefühl zu zeigen, ist eine Form, sich jemandem gegenüber zu öffnen. Eine Form, die Verbindung schafft.


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