ADHS-Symptome bei Kindern
Wann Eltern handeln sollten

Wenn ein Kind mit ADHS diagnostiziert wird, sind viele Eltern erstmal überfordert. Wir können Abhilfe schaffen. Experte Stephan Kupferschmid, erklärt, was erste Schritte und Wege sein können.
Publiziert: 10.03.2025 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2025 um 15:10 Uhr
Sich auf etwas zu konzentrieren, ist oft schwierig für Kinder mit ADHS.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

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Maja Zivadinovic
Maja Zivadinovic und Maja Zivadinovic
Schweizer Illustrierte

In welchem Alter zeigen Kinder erste Symptome von ADHS?

«Die ersten Anzeichen können bereits im Kleinkindalter auftreten und sind oft durch eine auffällige motorische Hyperaktivität und Impulsivität gekennzeichnet. Manche Kinder zeigen jedoch erst deutlichere Symptome, wenn sie in ein strukturiertes Umfeld wie den Kindergarten oder die Schule kommen.»

Wie unterscheiden sich Kleinkinder mit ADHS von Gleichaltrigen?

«Kleinkinder mit ADHS neigen dazu, ständig in Bewegung zu sein, ruhige Momente gibt es kaum. Oft haben sie auch Probleme, sich auf ein Spiel oder eine Aktivität zu konzentrieren. Zusätzlich handeln sie häufig impulsiv. Sie unterbrechen andere oder greifen nach Dingen, ohne zu fragen. Durch die Impulsivität kann es zu häufigeren Unfällen kommen. Auffällig ist auch, dass sie weniger Geduld haben und weniger Frustrationstoleranz als Gleichaltrige zeigen.»

Ab wann und wie sollen Eltern ihre Kinder abklären lassen?

«Wenn Eltern oder Erziehende wiederholt Schwierigkeiten und Entwicklungsauffälligkeiten beobachten, sollten Eltern frühzeitig mit der Kinderärztin sprechen und gegebenenfalls eine Überweisung zu einem Kinder- und Jugendpsychiater oder einer spezialisierten Beratungsstelle einholen. Eine verlässliche Diagnose ist in der Regel ab dem Alter von fünf bis sechs Jahren möglich, da die Symptome über einen längeren Zeitraum und in verschiedenen Lebensbereichen konsistent auftreten müssen.»

Was sind die Herausforderungen für Familien?

«Wegen des impulsiven Verhaltens des Kindes sind Familien erhöhtem Stress ausgesetzt. Oft kommt es zu Schwierigkeiten im Umgang mit Routinen und Regeln. Auch soziale Isolation kann zu einem Thema werden, weil das Verhalten des Kindes oft missverstanden wird. Ausserdem kann die Notwendigkeit, zusätzliche Unterstützung (zum Beispiel Therapien, Förderangebote) zu organisieren, ein weiterer Stressfaktor sein.» 

Wann macht eine medikamentöse Therapie Sinn?

«Wenn die Symptome das Leben des Kindes stark beeinträchtigen (zum Beispiel schulische Leistungen, soziale Kontakte, Familienleben), psychotherapeutische Ansätze alleine nicht ausreichen, oder die Entwicklung beeinträchtigt oder gar gefährdet ist. Die Entscheidung für eine Medikation sollte immer individuell und in Absprache mit Fachärztinnen oder -ärzten getroffen werden.»

Wie können Eltern eines Kindes mit ADHS dieses unterstützen und fördern?

  • Klare Strukturen schaffen: Feste Routinen und Regeln erleichtern den Alltag.
  • Positives Verhalten belohnen: Lob und kleine Belohnungen motivieren.
  • Professionelle Hilfe suchen: Verhaltenstherapien und andere evidenzbasierte Methoden können helfen.
  • Geduld und Verständnis zeigen: Das Verhalten des Kindes nicht als bösen Willen interpretieren.
  • Sich mit dem Thema befassen – zu Expertinnen und Experten der eigenen Thematik werden.
In der Pubertät kann sich ADHS verändern.
Foto: Getty Images

Verändert sich ADHS mit der Zeit?

«Der Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter, ist eine entscheidende Phase, in der viele Herausforderungen auftreten. Während im Jugendalter oft Eltern oder Lehrkräfte unterstützend eingreifen, erfordert das Erwachsenenalter mehr Eigenverantwortung. Betroffene müssen zunehmend selbständig mit Aufgaben wie Ausbildung, Beruf, Finanzen und sozialen Beziehungen umgehen. Gleichzeitig bestehen die typischen ADHS-Symptome wie Impulsivität, Ablenkbarkeit und Organisationsprobleme häufig fort. Es kommt zwar zu Veränderungen und Anpassungen, jedoch kann die Beeinträchtigung nach wie vor hoch sein. Dies kann zu Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung, in der Karriere und in zwischenmenschlichen Beziehungen führen. Strukturierte Unterstützung, Therapie und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung sind in dieser Phase besonders wichtig, um die Lebensqualität und Selbstständigkeit zu fördern. Leider fallen gerade in dieser wichtigen Lebensspanne viele Menschen durch die Lücken im Versorgungsnetz.»

Wie und wann soll man mit seinem Kind über dessen ADHS sprechen?

«Je jünger die Kinder sind, umso schwieriger ist eine Abgrenzung zu Normvarianten. Für Kinder sollte nach dem Entwicklungsstand ein angemessenes Erklärungsmodell gewählt werden.»

  • Ansatz: In einfacher Sprache erklären, dass ADHS bedeutet, dass das Gehirn manchmal anders arbeitet.
  • Positiver Fokus: Die Stärken des Kindes betonen und erklären, dass Hilfe zur Verfügung steht.
  • Es stehen auch Apps und gut aufbereitete Informationen zur Verfügung.
Dr. med. Stephan Kupferschmid ist Chefarzt und Mitglied der Geschäftsleitung der Privatklinik Meiringen AG und im Vorstand der Schweizerischen Fachgesellschaft ADHS.
Foto: ZVG
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