Diabetes nimmt in der Schweiz tendenziell zu. Doch die Behandlung der Krankheit lässt laut einer Genfer Studie zu wünschen übrig. Nur rund die Hälfte der Diabetikerinnen und Diabetiker wird wegen der Krankheit behandelt.
Der Anteil der Personen, deren Blutzuckerspiegel kontrolliert ist, also innerhalb der Norm liegt, beträgt ein Drittel (34 Prozent). «Wir sind ein bisschen enttäuscht, weil das ziemlich niedrig ist», sagte Studienleiter Pedro Marques-Vidal von der Universität und dem Universitätsspital Lausanne (Unil/Chuv) am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Experte: Diabetiker lehnen Einladungen zu ärztlichen Untersuchungen ab
Die Forschungsgruppe um Marques-Vidal wertete für die Studie Daten von über 12'000 Personen aus, die im Rahmen der Gesundheitsstudie «Bus Santé» in Genf gesammelt wurden. Sie analysierten und verglichen die Entwicklung der Diagnose und Behandlung von Diabetes in den Zeiträumen 2005–2009, 2010–2014 und 2015–2019.
Die Häufigkeit der Erkrankung ist in diesem Zeitraum unter den Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern leicht zurückgegangen, wie die im Fachblatt «Scientific Reports» veröffentlichte Studie zeigt. Der allgemeine Trend in der Schweiz gehe jedoch in die andere Richtung, betonte Marques-Vidal. Personen mit Diabetes seien oft nicht bereit, an Gesundheitsstudien wie der «Bus Santé»-Studie teilzunehmen. «Diabetiker neigen dazu, Einladungen zur ärztlichen Untersuchung nicht anzunehmen», erklärte der Experte.
«Katz-und-Maus-Spiel» zwischen Medizinern und Patienten
Frauen mit Diabetes werden laut der Studie generell seltener behandelt als Männer, haben aber ihren Blutzuckerspiegel besser unter Kontrolle. «Sobald sie behandelt werden, kümmern sich die Frauen besser um sich selbst und halten sich besser an die Behandlungen», sagte Marques-Vidal. Bei fettleibigen Menschen wurde das Gegenteil festgestellt: mehr Behandlungen, aber eine schlechtere Kontrolle des Blutzuckerspiegels.
Laut den Forschenden gibt es Verbesserungspotenzial sowohl in der Betreuung durch Ärztinnen und Ärzte, als auch in der Einhaltung der Behandlung durch Patientinnen und Patienten.
So fehlt es Ärztinnen und Ärzten laut Marques-Vidal oft an Zeit und Ausbildung für eine Diätberatung bei Diabetes. Ausserdem, so der Experte, gebe es bei manchen Patientinnen und Patienten eine Art «Katz-und-Maus-Spiel»: Kurz vor dem Arztbesuch nehmen sie ihre Medikamente ein, ansonsten aber weniger regelmässig. (SDA)