Zu schnell essen ist ungesund
So viel Zeit solltest du dir für den Zmittag nehmen

Es werde oft unterschätzt, wie wichtig eine entspannte Mittagspause ist, sagt Ernährungswissenschaftler David Fäh. Er erklärt, warum unterwegs Herunterschlingen ungesund ist und wieso das zu Übergewicht führen kann.
Publiziert: 14.06.2024 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2024 um 12:45 Uhr
Ein Mittagessen, das man «to go» bestellt und unterwegs isst, ist praktisch – vor allem, wenn die Zeit drängt. Der Experte warnt allerdings: Wer im Stress isst, tut sich keinen Gefallen.
Foto: IMAGO/Bihlmayerfotografie
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Valentin RubinRedaktor Service

Über Mittag schnell ein Sandwich verputzt, im Bus oder Zug eine Take-away-Pizza verschlungen, oder am Bahnhof eine Bratwurst zum Mitnehmen bestellt und unterwegs hastig gegessen: In unserer Gesellschaft und Arbeitswelt bleibt oft nur wenig Zeit, um zur Tageshälfte zwischen 12 und 1 Uhr in Ruhe etwas zu essen. Für David Fäh, Ernährungswissenschaftler und Dozent an der Berner Fachhochschule, ist klar: Das ist alles andere als gesund. «Es liegt nicht nur an der mangelnden Qualität solcher Fast-Food-Speisen», sagt er. Es gebe noch drei weitere zentrale Gründe.

Ein Happen «to go», und schon ist der Zmittag gegessen. Ganz so einfach sollte man es sich laut dem Experten nicht machen.
Foto: Getty Images

«Wer über Mittag gestresst etwas zu sich nimmt, nur um gegessen zu haben, vergibt eine wichtige Gelegenheit, um sich in der Mitte des Tages zu entspannen und den Körper kurz herunterzufahren», sagt Fäh. Während der Arbeit sei man oft im Stress-Modus, um fokussiert und effizient arbeiten zu können.

Stresshormone hemmen die Verdauung

Der Körper schütte dabei viel Adrenalin und Kortisol aus, um den Arbeitsaufgaben gut nachkommen zu können. «Diese beiden Hormone hemmen die Verdauung», sagt Fäh. Wer sein Essen unterwegs zu sich nimmt, ohne sich kurz in Ruhe hinzusetzen und sich auf den Zmittag zu konzentrieren, setzt die Stresssituation – in diesem Fall das Gehen während des Essens – fort und gönnt dem Körper keine Pause. «Man erwischt das Verdauungssystem dabei auf dem falschen Fuss», sagt Fäh. Denn unter Stress fokussiere sich unser Körper auf die unmittelbare Situation, in der wir stecken. «Essen zu verdauen, ist dabei nur sekundär.»

Zvg
Dozent und Ernährungsexperte

David Fäh (50) arbeitet seit 2015 hauptsächlich als Wissenschaftler und Dozent an der Berner Fachhochschule für den Studiengang Ernährung und Diätetik. Er hat an der Uni Basel Medizin studiert, an der Uni Zürich habilitiert und an der ETH Zürich ein Studium in Ernährungswissenschaften abgeschlossen. Ausserdem besitzt er einen Hochschulabschluss in Sporternährung.

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David Fäh (50) arbeitet seit 2015 hauptsächlich als Wissenschaftler und Dozent an der Berner Fachhochschule für den Studiengang Ernährung und Diätetik. Er hat an der Uni Basel Medizin studiert, an der Uni Zürich habilitiert und an der ETH Zürich ein Studium in Ernährungswissenschaften abgeschlossen. Ausserdem besitzt er einen Hochschulabschluss in Sporternährung.

Deswegen ist es laut Fäh wichtig, beim Essen kurz abzuschalten und sich zu entspannen. Das helfe, besser zu verdauen und von der Speise länger satt zu werden. «Eine halbe Stunde entspannte Mittagspause wäre das Minimum», sagt der Experte.

Kalorienreich, aber nicht sättigend

Fäh nennt ein zweites Problem, das beim (Mittag-)Essen unter Stress aufkommt: Speisen für unterwegs seien oft sehr kalorienhaltig, hochverarbeitet und machen nicht lange satt. «Sie sind sehr weich und müssen kaum gekaut werden. Das macht sie quasi schon vorverdaut.»

Bei mangelnder Zeit sei das vielleicht praktisch, da man den Burger oder die Chicken Nuggets rasch und unkompliziert essen könne. «Das führt aber auch dazu, dass wir schnell zu viel essen und trotzdem nicht richtig satt werden», sagt Fäh. Das heisst konkret: Wer sich keine Zeit fürs Essen nimmt, isst in der Tendenz weniger gesund. «Damit steigt auch das Risiko, zuzunehmen.»

Die innere Uhr wird missachtet

Als dritten Grund, weshalb Essen in Eile ungesund ist, führt Fäh unseren inneren Mahlzeiten-Rhythmus auf. «Eine Pause von vier bis fünf Stunden zwischen den Hauptmahlzeiten ist nicht nur kulturell etabliert, sondern auch physiologisch gesund.» In diesen Pausen könne der Körper die Nahrung ausreichend verdauen und verstoffwechseln.

Am besten hält man sich an die normalen Zeiten für die Mahlzeiten, setzt sich dafür jeweils hin und geniesst das Essen in Ruhe und mit etwas Zeit.
Foto: Getty Images

Wer dabei oft unterwegs, auf dem hastigen Weg von A nach B, esse, tendiere dazu, diese innere Uhr zu missachten, sagt Fäh. «Man gewöhnt sich dann eher an, zu unregelmässigen Zeiten zu essen.» Jeweils dann, wenn es im vollen Terminkalender gerade passe und man gerade nicht am Schreibtisch hocke. Mittel- und langfristig führe das im schlimmsten Fall zu einem gestörten Essverhalten, aus dem man nur mit Mühe wieder herauskomme. 

Deshalb hält Fäh fest: «Bewusst, zu regelmässigen Zeiten und mit der nötigen Ruhe zu essen, ist für die Gesundheit sehr vorteilhaft.» Wer in Eile und ohne Achtsamkeit sein Mittagessen hinunterschlinge, schade der Gesundheit auf Dauer stärker, als oft angenommen werde.

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