Auf einen Blick
- Koala-Eltern überbehüten ihre Kinder und hemmen deren Entwicklung
- Übermässige Fürsorge kann zu Ängsten und geringem Selbstwertgefühl führen
- Experten empfehlen 4 Tipps für einen gesunden Erziehungsstil
Der Begriff Koala-Eltern beschreibt Mütter und Väter, die ihre Kinder übermässig umsorgen und ihnen kaum Freiraum lassen, um eigenständig zu wachsen. Warum dieses Verhalten unserem Nachwuchs nicht immer guttut, erklären uns die Experten:
Die Balance zwischen Schutz und Loslassen
Fürsorgliche Elternschaft ist grundlegend für die gesunde Entwicklung von Kindern. Doch wenn die Sorge überhandnimmt, drohen negative Folgen. «Kinder brauchen Herausforderungen und Freiräume, um Selbstvertrauen und Resilienz zu entwickeln», erklärt Stephan Bender, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uniklinik Köln. Zu viel Schutz, so Bender, könne das Erlernen wichtiger sozialer und emotionaler Kompetenzen hemmen.
Auch der dänische Familientherapeut Jesper Juul warnte in seinen Werken vor übermässiger Kontrolle: «Eltern sollten Kindern vertrauen und sie ermutigen, eigene Entscheidungen zu treffen. Nur so können sie zu selbstbewussten Erwachsenen heranwachsen.» Juul plädierte dafür, eine Balance zwischen Begleitung und Freiraum zu finden.
Gesellschaftlicher Druck als Ursache
Warum neigen manche Eltern zu diesem Verhalten? Albert Wunsch, Erziehungswissenschaftler und Buchautor, sieht gesellschaftliche Entwicklungen als entscheidenden Faktor. «Viele Eltern wollen alles richtig machen und stehen unter enormem Druck, perfekte Bedingungen für ihre Kinder zu schaffen», so Wunsch. Die Folge: Eltern übernehmen Aufgaben, die Kinder eigentlich selbst bewältigen könnten, sei es im Haushalt, in der Schule oder bei der Freizeitgestaltung.
Ein Beispiel: Wenn ein Kind seine Turnschuhe für den Sportunterricht vergisst, fahren manche Eltern diese sogar nach, anstatt das Kind die Konsequenzen tragen zu lassen. Dieses Verhalten mag liebevoll gemeint sein, doch langfristig nimmt es dem Kind die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und aus Fehlern zu lernen.
Die Konsequenzen für die Kinder
Kinder von überbehütenden Eltern laufen Gefahr, unsicher und abhängig zu werden. Studien zeigen, dass sie häufiger unter Ängsten und geringem Selbstwertgefühl leiden. Wendy Mogel, eine amerikanische Familientherapeutin, betont: «Kinder müssen lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Diese Erfahrungen sind notwendig, um innere Stärke zu entwickeln.»
Wie können Eltern den richtigen Mittelweg finden? Experten empfehlen:
Vertrauen schenken
Gönn deinem Kind die Freiheit, Entscheidungen zu treffen und eigene Erfahrungen zu machen. So lernt es sich und seinen eigenen Grenzen besser kennen.
Unterstützung statt Kontrolle
Begleite dein Kind, ohne ihm alles abzunehmen. Hilf ihm, aber lass es schlussendlich selber machen und Dinge ausprobieren, auch wenn das Ergebnis nicht perfekt ist.
Fehler zulassen
Lass dein Kind Fehler machen und auch scheitern. Fehler sind eine wertvolle Lernchance und dein Kind muss lernen, mit ihnen umzugehen und Konsequenzen zu tragen.
Selbständigkeit fördern
Aufgaben wie das Packen des Schulranzens, die Wahl der Kleidung oder das Organisieren von kleinen Freizeitaktivitäten können Kinder bereits früh übernehmen. Also unterstütze sie dabei und lass sie diese Dinge eigenständig tun.
Zusammengefasst: Koala-Eltern meinen es gut, doch ihre übermässige Fürsorge kann Kindern mehr schaden als nützen. Indem Eltern lernen, loszulassen, geben sie ihren Kindern die Chance, zu selbstbewussten und eigenständigen Menschen heranzuwachsen. Wie Jesper Juul es ausdrückte: «Vertrauen ist das grösste Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können.»